© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/11 / 16. September 2011

„Chrismon“ torpediert Papst-Besuch
Ökumene: Pünktlich zum Papst-Besuch propagiert das evangelische Magazin die Konversion von Katholiken
Gernot Facius

Der Schriftzug unter dem Titelkopf von chrismon, in unschuldigem Weiß, klärt den Betrachter darüber auf, was er in der Hand hält: kein x-beliebiges Heftchen, sondern „Das evangelische Magazin“. Diese Selbstdarstellung gibt dem mit jährlich vier Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln alimentierten Monatsblatt, das einer Reihe von Tages- und Wochenzeitungen beiliegt, zumindest einen offiziösen Anstrich.

Wenn also just zur Papst-Visite chrismon-Chefredakteur Arnd Brummer auf sechs Seiten gegen die katholische Kirche und deren Oberhaupt polemisiert, ist das „ein Sprengsatz“, wie das evangelikale Wochenmagazin idea-Spektrum titelte.

chrismon-Herausgeber sind der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, seine Amtsvorgängerin Margot Käßmann, der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich und die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt. Mit dem Argument, es sei nicht üblich, daß Herausgeber einzelne Artikel kommentierten, suchten die sonst so redefreudigen Herrschaften sich aus der Affäre zu mogeln. Wenn das nur so einfach wäre. Daß sich der chrismon-Chef seines vor 20 Jahren vollzogenen Wechsels von der katholischen in die evangelische Kirche erinnerte, ist nicht der Skandal. Skandalös ist, wie er es tat. Aufgeklärte Katholiken verzweifelten an den dogmatischen Vorstellungen, schreibt er. Er lobt die evangelische Streitkultur, sie sei „besser, als sich als Schaf zu fühlen und einem Oberhirten hinterherzutraben, der allein zu wissen beansprucht, wo es hingegen soll“. Und er vergriff sich im Ton gegenüber der katholischen Liturgie: „Ich empfand die Hochämter an Weihnachten oder Ostern als – ‘Holy Horror Picture Shows’.“

Das Elaborat liest sich wie eine Aufforderung zum Konfessionswechsel. Damit hat die Peinlichkeit aber noch kein Ende: Die Geschichte seiner Konversion erscheint am 13. September in der „edition chrismon“ als Buch. „Anläßlich des Papstbesuchs“, heißt es in Werbeanzeigen. Da wird so mancher wackere Christ, Katholik oder Protestant, seufzen: O Gott, die Ökumene!

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