© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Lockerungsübungen
Euro oder Krieg
Karl Heinzen

Der polnische Finanzminister Jacek Rostowski hat in einer Rede vor dem Europäischen Parlament den Abgeordneten mitgeteilt, daß seine Zukunftserwartungen düster sind und er bereits eine Auswanderung in die USA in Betracht zieht. Sollte die Rettung der Gemeinschaftswährung scheitern, so seine Warnung, wäre nämlich die Stabilität des Kontinents bedroht. Ökonomische Verwerfungen würden binnen zwei Jahren zu einer Verdoppelung der Arbeitslosigkeit führen. Deren Folge wäre eine gravierende politische Erschütterung, die dazu führen dürfte, daß unser Kontinent in zehn Jahren der Schauplatz eines Krieges sein wird.

Auf Nachfragen führte Rostowski aus, daß er in der Wahl seiner Worte eine große Sorgfalt an den Tag gelegt habe. Daran ist bei einem Staatsmann, der sich qua der gegenwärtigen EU-Ratspräsidentschaft seines Landes in besonderer Weise mit europäischen Weichenstellungen befaßt hat, nicht zu zweifeln. Überdies ist seine Argumentation keineswegs neu. Gerade der deutschen Öffentlichkeit ist als geistiges Vermächtnis der Ära Kohl noch bewußt, daß der Euro eine Frage von Frieden oder Krieg ist. War es aus diesem Grund vor der Einführung der Gemeinschaftswährung schon erforderlich, ökonomische Beckmesserei hintanzustellen, so gilt dies nun in der Verteidigung ihres Erhalts um so mehr. Es ist kaum auszumalen, was geschehen würde, wenn der Euro abträte und jeder sich selbst als Verlierer und die anderen als Gewinner dieses Einschnitts empfände.

Gerade im Angesicht der Gefahr gilt es jedoch, kühlen Kopf zu bewahren. Der Blick darf sich nicht auf den bloßen Erhalt der Währungsunion verengen, er muß sich zugleich auf ihre Ausweitung richten. Der Frieden ist bedroht, solange es in Europa noch unterschiedliche Landeswährungen gibt, die zu nationalen Sonderwegen verführen. Staaten wie Großbritannien, Dänemark oder Schweden, die sich dem Euro verweigern, betreiben die Spaltung des Kontinents, die sich in der Zukunft in einem militärischen Konflikt zu entladen droht. Da im Zeitalter der Globalisierung der Weltfriede insgesamt im Zentrum der Betrachtung zu stehen hat, muß zudem über eine über den europäischen Rahmen hinausgehende, weltweite Gemeinschaftswährung nachgedacht werden. Der Nutzen des Euro ist gering, wenn er nur den Kontinent befriedet, aber in einen Krieg der Währungsräume mündet.

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