© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Der gerechte Schwabe
Deutscher Technikpionier und genialer Großunternehmer: Vor 150 Jahren wurde Robert Bosch geboren
Marco Meng

Ungewollt wurde er Profiteur im Ersten Weltkrieg, um dann später von den Nationalsozialisten benutzt zu werden, obwohl er ihnen feindlich gegenüberstand. Als „Sozialschwärmer“ wurde er beschimpft, doch dabei war er ein Pionier der industriellen Entwicklung und der humanen Unternehmensführung: Robert Bosch, der vor 150 Jahren als elftes von zwölf Kindern in Albeck bei Ulm geboren wurde.

Nach Schule und Militärdienst arbeitete er sieben Jahre lang bei verschiedenen Unternehmen in Deutschland, in New York bei Edison und in Großbritannien bei Siemens. 1886 gründete er in Stuttgart mit zwei Mitarbeitern und einem Bankkredit, für den die Verwandtschaft gebürgt hatte, seine „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“, die sich in den Folgejahren zu einem international tätigen Unternehmen entwickelte. Seine Angestellten verdienten ein bis drei Fünftel mehr als vergleichbare Industriebeschäftigte.

Als einer der ersten deutschen Unternehmer führte er den Achtstundentag (1906) und den freien Samstagnachmittag ein (1910). Auch lag ihm viel an Mitbestimmung – bei vollem Einsatz und Disziplin. In der Werkszeitung Bosch-Zünder veröffentlichte er Aufsätze wie „Die Verhütung künftiger Krisen in der Weltwirtschaft“ oder „Zum sozialen Frieden“, was ihm den Beinamen „der rote Bosch“ einbrachte. Doch weder von Marx’ Mehrwerttheorie noch der Planwirtschaft hielt er etwas. Dafür sei der Mensch nicht gemacht. Seine Vorstellung war schlichtweg die von fairen Arbeitsbeziehungen.

1897 gelang es Bosch, den vom Werkstattleiter Arnold Zähringer erfundenen Magnetzünder mit einem Motor zu verbinden. Damit löste er eines der größten Probleme der Automobiltechnik. Schon bald dehnte Bosch sein Geschäft ins Ausland aus, zunächst 1898 nach Großbritannien und danach in weitere europäische Länder. 1906 konnte die erste Vertretung und 1910 die erste Fabrik in den USA eröffnet werden. 1913 besaß Bosch Niederlassungen auf allen Kontinenten und erwirtschaftete fast 90 Prozent seines Umsatzes außerhalb Deutschlands. Doch als Bürger wollte Bosch stets seinen Beitrag leisten.

So markiert die Schenkung von einer Million Mark an die Technische Hochschule Stuttgart im Jahr 1910 den Beginn seines philanthropischen Handelns. An den Rüstungsaufträgen des Ersten Weltkriegs hatte Bosch nichts verdienen wollen, er spendete etwa 20 Millionen Mark für gemeinnützige Zwecke, darunter 2,4 Millionen Mark zum Bau eines Krankenhauses. Der Stadt Stuttgart werden 100.000 Mark zur Linderung der ersten Kriegsnot übergeben. Bosch initiierte die „Kriegshilfe von Handel und Industrie“, die er mit 300.000 Mark ausstattete. Ferner ließ er im Ersten Weltkrieg einige Fabriken zu Lazaretten umfunktionieren und spendete für Kriegsversehrte künstliche Gliedmaßen.

Der Krieg hatte ihn zu einem Anhänger der Weimarer Republik gemacht. Er unterstützte – wie Hjalmar Schacht oder Hapag-Chef Wilhelm Cuno – die von Matthias Erzberger (Zentrum) initiierte Deutsche Liga für Völkerbund und die Gründung der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin. 1926 gründete er mit Hans Walz und Theodor Bäuerle die Stuttgarter Gruppe des liberalen Vereins zur Abwehr des Antisemitismus.

Bosch-Innovationen kamen unterdes in rascher Folge auf den Markt. Mit der Dieseleinspritzpumpe für Lkw erlangte 1927 eine wegweisende Technik Serienreife, die 1936 auch in den ersten Diesel-Pkw der Welt (Hanomag Rekord, Mercedes 260 D) zum Einsatz kam. Bei allen Erfolgen vergaß Bosch aber nie, daß seine Mitarbeiter maßgeblich an seinen Triumphen beteiligt waren: „Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle.“

Am 31. Dezember 1932 ließ Robert Bosch einen Artikel in verschiedenen Zeitungen veröffentlichen, in dem er zur Völkerverständigung aufruft. Ab 1936 ließ er jüdische Wohlfahrtseinrichtungen durch die „Walz-Hilfe“ unterstützen. Carl Goerdeler, von den Widerständlern des 20. Juli als Kanzler vorgesehen, wurde 1937 mit einem Beratervertrag ausgestattet und knüpfte mit Wissen und Unterstützung von Robert Bosch und des „Bosch-Kreises“ Kontakte zum deutschen Widerstand. Im gleichen Jahr wandelte Bosch die Aktiengesellschaft in eine GmbH um, womit er Einflüsse von außen auf sein Unternehmen verhindern und dessen Unabhängigkeit wahren wollte.

Den Nationalsozialismus lehnte Bosch ab, aber um unverdächtig zu sein, mußte er einen „Nazi“ an der Firmenspitze haben. So trat Bosch-Betriebsführer Hans Walz in die NSDAP und SS ein, wurde Mitglied im Freundeskreis Reichsführer-SS. Dennoch erhielt Walz 1969 von Israel den Preis „Gerechter unter den Völkern“: Zwischen 1938 und 1940 übergab Walz der jüdischen Mittelstelle in Stuttgart größere Geldbeträge, um die Ausreise inhaftierter Juden zu ermöglichen. NS-Verfolgte wurden in Bosch-Betrieben beschäftigt.

Robert Bosch starb am 12. März 1942 und wurde auf dem Stuttgarter Waldfriedhof beigesetzt. Hitler hatte ein Staatsbegräbnis angeordnet und den ersten Kranz abgelegt – Bosch wurde ein letztes Mal vereinnahmt. Seine Firma war und ist eine Säule der deutschen Wirtschaft.

 

Robert Bosch GmbH

Der Verbraucher kann Bosch-Qualität nur als „Weiße Ware“ oder auf Bau- und Ersatzteilmärkten direkt kaufen – dennoch ist die Robert Bosch GmbH eine der wichtigsten deutschen Firmen (114.000 Mitarbeiter, 47 Milliarden Euro Umsatz), weltgrößter Autozulieferer und Verpackungsmaschinenhersteller. Bosch hält unzählige Patente, man beteiligt sich – ganz im Sinne des Gründers – aber nicht an der Entwicklung von Waffentechnik. Auch die 260 Auslandsniederlassungen erfüllen hohe soziale Standards für ihre 283.500 Beschäftigten. Börsenspekulanten haben keinen Zugriff, die Geschäftsführung um Wirtschaftsingenieur Franz Fehrenbach muß keine Analysten mit Quartalsberichten zufriedenstellen. Bosch hatte zur Sicherung seiner Ziele eine Vermögensverwaltung gegründet, die 86 Prozent der Geschäftsanteile hielt. 1969 änderte sie ihren Namen in Robert Bosch Stiftung GmbH. Ihr fließt der Hauptteil der Dividende zu. Das Stimmrecht liegt aber bei der Bosch Industrietreuhand und der Familie.

Bosch-Unternehmensgeschichte: http://archive.bosch.com/de/

Gunter Haug: Robert Bosch – Der Mann, der die Welt bewegte. Masken-Verlag, Stuttgart 2011, 447 Seiten, gebunden, 19,90 Euro

Foto: Robert Bosch mit Werbung 1921 und 2011: Unabhängig von den Börsenspekulanten

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