© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/11 / 30. September 2011

Nordafrikas Diktatorendämmerung
Neoliberalismus als Brandbeschleuniger
(ob)

Kann man in Eléments, dem Organ der französischen Neuen Rechten, einiges über den Anteil der USA an der „Arabellion“ lesen, ist dieser Faktor deutschen Politikwissenschaftlern nicht einmal eine Frage wert. Die „Diktatorendämmerung“ in Nordafrika und im Nahen Osten ist für sie ausschließlich ein autonomer Prozeß „zivilgesellschaftlicher“ Organisation. Schwache Regimes, so lautet das Fazit der Berliner Sozialwissenschaftler Alexander Schmotz und Christoph Stefes (WZB-Mitteilungen, Heft 133-2011), seien auf starke Oppositionsbewegungen getroffen und von ihnen aus dem Amt gejagt worden. Indirekt sehen aber auch Schmotz und Stefes den Westen in Gestalt seines neoliberalen Wirtschaftssystems am Werk. Mit der Privatisierung und Öffnung der Märkte in den 1990ern habe der arabisch-nordafrikanische „Neo-Patrimonialismus“ zur Disposition gestanden. Die Wirtschaftselite der Region habe seitdem mit Duldung der autokratischen Regimes Geschäfte tätigen können. Zugleich löste die sukzessive Privatisierung von Staatsbetrieben Streikwellen aus. Die neoliberale Wirtschaftspolitik widersprach auch den Interessen der Militärs, die den Aufstieg der neuen Wirtschaftselite als Bedrohung empfanden. Im Zenit der Entscheidung stand die Armee daher weder in Ägypten noch in Tunesien als Repressionsinstrument zur Verfügung.

www.wzb.eu

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