© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/11 / 07. Oktober 2011

Zweifel an der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse wachsen
Wahre Worte
Karl Albrecht Schachtschneider

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Schuldenbremse im Grundgesetz in Frage gestellt. Ihre CDU-Parteikollegen widersprachen heftig – doch diese Bremse wird niemals getreten werden. Artikel 143 d des Grundgesetzes hat für den Bund den Beginn der harten Grenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von vornherein auf 2016 verschoben. Die Länder dürfen sogar bis 2019 von der Verpflichtung, ihren Haushalt ohne Nettoneukredite auszugleichen, abweichen.

Die Konjunktur erlaubt nach Artikel 109 ohnehin besondere Regelungen, worauf Kramp-Karrenbauer anspielte. Was soll das? Bis es soweit ist, ist entweder das Grundgesetz geändert oder die EU hat die Finanzpolitik gänzlich usurpiert, im Zweifel nach einer Währungsreform. Allein um die Schuldzinsen zu finanzieren, benötigen Bund und Länder Kredite.

Noch sind die Kreditkosten wegen der Zinspolitik der EZB und des AAA-Ratings Deutschlands geringer als die Inflationsrate. Der Zinssatz kann und wird durch Erhöhung des Leitzinssatzes (jetzt 1,25 Prozent) und durch Absenkung des Ratings schnell auf ein Vielfaches anwachsen. Sechs Prozent wie jetzt in Italien könnte die Länder etwa 25 Milliarden Euro mehr kosten. Das wären zwei Drittel des bayerischen Landeshaushalts.

Die Schulden Berlins betragen 68,4 Prozent des BIP, die Bayerns 6,5 Prozent. Der Länderfinanzausgleich verhindert Zinsunterschiede und Abwertungszwänge der wettbewerbsschwachen deutschen Länder. Das ist auch das Modell für die Euro-Zone, das die Europäisten anstreben. Deutschland verkraftet den inneren Transfer, weil der Bund als Staat die soziale Homogenität und damit weitgehend die wirtschaftliche Konvergenz herstellt. Die Deutschen sind ein Volk in Solidarität. In der EU gibt es diese nicht und wird es diese nie geben. Die Völker sind zwar – noch – befreundet, aber trotz und wegen des aufgezwungenen Integrationismus bleiben sie sich fremd.

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