© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/11 / 07. Oktober 2011

Haltungsnote
Sangesfreund
Christian Schwiesselmann

Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm. – Daß Kinder solche Lieder kaum noch singen, ist im Zeitalter von iPods kein Wunder. Gäbe es nicht Musikpädagogen wie Hans Bäßler, wäre die Lage hoffnungslos.

Der Professor an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover berichtete kürzlich von dortigen Aufnahmeprüfungen Erschreckendes: „Über ein entsprechendes Liedrepertoire verfügt kaum noch jemand.“ Bei internationalen Jugendtreffs stelle man schnell fest, daß deutsche Gruppen nur wenig bis gar nicht singen würden, Skandinavier, Balten oder Polen seien dagegen viel sangesfreudiger. Der ehemalige Gymnasiallehrer ist überzeugt, daß „unsere durchstrukturierte und auf Sinn hin getrimmte Gesellschaft“ mehr denn je „sinnfreie“ Dinge wie den Gesang brauche, die man nur um ihrer selbst willen tue.

Als Vizepräsident des Deutschen Musikrates unterstützt Bäßler daher das Benefizprojekt „Kinderlieder“ des Carus-Verlages und des öffentlich-rechtlichen Radiosenders SWR2. Fast 300 Kinder aus zehn Kinderchören haben sich daran beteiligt und so alte Kinderlieder wie „Ach bittrer Winter“ (1646) und „Vogelhochzeit“ (1460) mit Hilfe professioneller Konzertsänger, Instrumentalisten, Liedermacher und Bands neu interpretiert. Es entstanden Bücher, Noten und CDs, die familiären Gesang befördern und versunkenes Liedgut heben sollen.

Für den 1946 geborenen Bäßler geht es vor allem darum, den „Traditionsfluß“ nicht abreißen zu lassen. „Darum brauchen wir auch die sogenannten alten, in Wirklichkeit aber neuen Lieder“, ist sich der promovierte Kirchen- und Schulmusiker sicher. Zu hören sind sie ab 8. Oktober im „SWR2 Spielraum“, wo ein Jahr lang das Kinderlied der Woche erklingt.

www.liederprojekt.org

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