© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Meldungen

Grass: Medienmuffel  und Kulturpessimist

KÖLN. Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass kann als begnadeter Selbstvermarkter auf eine beachtliche Medienkarriere zurückblicken. Die stehe, so findet der Germanist Hans W. Giessen (Wirkendes Wort, 1-2011), aber im überraschend scharfen Kontrast zu seinem schriftstellerischen Desinteresse an den modernen Medien. Intensiver habe sich der Autor nur kurz nach der einträglichen Verfilmung seiner „Blechtrommel“ durch Volker Schlöndorff (1979) mit dem Medium Film befaßt, was seinen Niederschlag in den Romanen „Kopfgeburten“ (1980) und „Die Rättin“ (1986) fand. Das in den 1990ern anbrechende Internet-Zeitalter strafte Grass mit Ignoranz. Wohl aufgrund seiner seit der „Rättin“ nicht mehr korrigierten Ansicht, daß in den Medien kein aufklärerisches Potential stecke. Dazu verdammt, die „immergleichen Inhalte“ transportieren zu müssen, könnten sie allenfalls zu besserem Verständnis unseres Lebens beitragen. Aber das nützt nach Grass’ kulturpessimistischer Überzeugung nichts, denn Veränderungen mit ihrer Hilfe seien ausgeschlossen. (sz)

 www.wvttrier.de

 

Inseln: Schwer erklärlicher Zauber

BERLIN. Über Inseln lasse sich viel erzählen, „und man findet leichter den Anfang als das Ende dabei“. Als Leitspruch eröffnet diese Bemerkung des Insel-Experten Ernst Jünger das Themenheft der evangelischen Zeitzeichen (8-2011), das sich dem magischen Zauber von Eilanden widmet. Theologen wie der frühere Insel-Pfarrer Amrums und der amtierende von Hiddensee offenbaren dabei aber nur die gleiche Erklärungsnot wie „Inselschreiber“ Gernot Wolfram, der sich über ein geschenktes Jahr im Sylter Reservat der Reichen und Schönen freut. Wenigstens die auf Rügen geborene Autorin Claudia Rusch liefert Hinweise, die wie Anleihen beim Kollegen Jünger klingen, der Inseln als vormoderne Entschleunigungszonen und Beharrungsräume schätzte, in die er sich per „Zeitsprung“ verfügte. Auch für Rusch sind sie Regionen der Entzeitlichung, Sehnsuchtsziele für Aussteiger oder gar Zwischenstationen auf dem Weg ins Paradies. Solche Projektionen scheinen anthropologischen Konstanten geschuldet, sonst wären Inseln in der „Zweitwelt der Cyberspiele“ nicht „zum Verkaufsschlager avanciert“. (jr)

 www.zeitzeichen.net

 

Erste Sätze

Das Wort „Sprache“ ist nicht immer in dem gleichen Sinne zu verstehen.

Wilhelm Uhl: Entstehung und Entwicklung unserer Muttersprache, Leipzig 1906

 

Historisches Kalenderblatt

15. Oktober 1986: Durch den Vergleich Michail Gorbatschows mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels (beide seien „Experten für Public Relations“) im US-Magazin „Newsweek“ belastet Bundeskanzler Helmut Kohl die deutsch-sowjetischen Beziehungen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen