© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Aufgeschnappt
Verstörende Jahrgänge
Matthias Bäkermann

Das hatten sich die munteren Rentner anders vorgestellt: Ihr geselliger Ausflug in die Steiermark brachte 17 rüstige 67jährige, die in Seekirchen im Salzburger Land gemeinsam die Schulbank gedrückt hatten, prompt ins Visier der Staatsanwaltschaft.

Als einträchtige Montur für diese Reise, die in Graz ihren Abschluß finden sollte, wählten die Herren hellblaue Hemden, die sie extra mit ihrem Logo „Die 44er Seekirchen“ besticken ließen, um auf ihr gemeinsames Geburtsjahr 1944 hinzuweisen. Ein aufmerksames und geschichtssensibles Ehepaar, durch die störende Uniformität dieser Gäste beim Abendessen im Restaurant bereits mißtrauisch geworden, deutete die 44er-Stickerei auf dem Hemdkragen prompt als SS-Rune. Als dann noch ein verspäteter Pensionär seinen Kameraden zuwinkte, konnte das politisch derart aufgereizte Duo dies praktisch nur als Hitlergruß verstehen. Umgehend, ihre Bestellung stornierend, verließ das Paar dies „Neonazi-Treffen“ und erstattete Anzeige wegen NS-Wiederbetätigung. Nachdem die Polizei nun die Vernehmungen des Wirtes und anderer Zeugen abgeschlossen hat, bleibt der Rentnerclub wohl ungeschoren. Wie die Wiener Kronen-Zeitung am Dienstag berichtete, hat vielleicht auch Seekirchens Vizebürgermeister Helmut Naderer dafür gesorgt: „Der Vorwurf der Wiederbetätigung ist total abwegig. Ich lege die Hand für alle ins Feuer.“ 

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