© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Frisch gepresst

Roon. Von den drei versteinerten Herren, die von ihren Sockeln auf die Berliner Siegessäule blicken, sind Moltke und Bismarck den meisten Betrachtern wenigstens dem Namen nach bekannt. Der dritte Architekt des zweiten Deutschen Reiches, Preußens Kriegsminister Albrecht von Roon (1803–1879), ist heute dem ohnehin löchrigen nationalen Gedächtnis entschwunden. Die letzte ausführliche Biographie von 1942 stammt nicht von einem zünftigen Historiker, sondern von dem primär literaturhistorisch ausgewiesenen Publizisten Hans Martin Elster. Der Militärhistoriker Guntram Schulze-Wegener, Jahrgang 1965, Fregattenkapitän der Reserve, füllt mit seiner von den Nachkommen des pommerschen Soldaten unterstützten Roon-Biographie also eine große Forschungslücke. Dabei beschränkt sich der Autor nicht auf das turbulente Jahrzehnt der Einigungskriege und Roons unglückliche Zeit als preußischer Ministerpräsident (1873), sondern schildert den Weg des Berufssoldaten und Politikers in seiner ganzen Breite, dabei stets die Biographie in den Rahmen der ausführlich dargestellten preußisch-deutschen Geschichte zwischen Wiener Kongreß und Reichsgründung einspannend. (ob)

Guntram Schulze-Wegener: Albrecht von Roon. Kriegsminister, Generalfeldmarschall, Ministerpräsident. Bebraverlag, Berlin 2011, broschiert, 312 Seiten, Abbildungen, 26,95 Euro

 

Muslime. Der Titel verspricht einiges: „Was Muslime wirklich denken.“ Dazu haben die Autoren John L. Esposito und Dalia Mogahed die Ergebnisse einer Umfrage des Gallup-Instituts von Muslimen aus über achtzig Ländern bewertet. Der Leser erfährt dabei aber wenig, was er nicht schon von muslimischen Lobbygruppen gehört hätte: Die große Mehrheit der Muslime sei friedlich, lehne Gewalt ab und finde die Demokratie eigentlich ganz super. Ergebnisse die nicht recht passen, werden rasch ins passende Weltbild umgedeutet. So kommt die Feststellung, daß die Mehrheit der Moslems die Scharia befürworte, nicht ohne den Hinweis der Autoren aus, daß es die Scharia eigentlich gar nicht gebe. Außerdem seien Christen, Juden und Muslime schließlich „alle Kinder Abrahams“. Und wenn bei der Integration dann doch noch etwas schiefläuft, ist nicht die Religion schuld, sondern die sozioökonomische Diskriminierung. Fazit: verzichtbar. (ho)

John Esposito, Dalia Mogahed: Was Muslime wirklich denken – Der Alltag, die Extremisten, die Wahrheit dazwischen. Redline Verlag, München 2011, gebunden, 222 Seiten 19,99 Euro

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