© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/11 / 21. Oktober 2011

Umwelt
Sieben Milliarden
Volker Kempf

Noch im Oktober dieses Jahres soll der siebenmilliardste Mensch geboren werden. Das ergibt sich aus UN-Berechnungen, die die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) vorige Woche präsentierte. Damit hat sich in kaum mehr als 200 Jahren die Weltbevölkerung versiebenfacht. Bis 2100 werde die Zahl auf 10,1 Milliarden steigen. Das Wachstumszentrum ist Afrika, hier klettert die Bevölkerungszahl von einer Milliarde auf etwa 3,6 Milliarden. Es ist unbestreitbar, was Eugen Kogon schon 1968 unter der Überschrift „Bedingungen der Humanität“ festhielt: daß damit der „Bevölkerungsdruck“ auf der Erde wächst. Der Soziologe meinte damit, daß die Lebensqualität auf Erden in Gefahr gerät. Es komme bis zur Jahrhundertwende und darüber hinaus zu geopolitischen Machtverschiebungen – er dachte an China und die islamische Welt. Autoritäre Staatsformen würden wahrscheinlicher. Die Ausbreitung der Megastädte und der Industriewirtschaft sei ebenso unausweichlich wie problematisch.

Die Folgen dieses heute Globalisierung genannten Prozesses gerieten in den siebziger Jahren in den Blick von Ökologen: Urwälder und Artenvielfalt schwinden, Fischbestände werden geplündert. Später wurde der Zusammenhang zwischen ökologischen Problemen und Bevölkerungsdruck ignoriert: davon zu reden war nicht politisch korrekt – nach der Devise, worüber nicht gesprochen wird, das existiert nicht. Das könnte schließlich die Begeisterung für die Planbarkeit der Welt stören. Sich mit Ignoranz über die Wirklichkeit hinwegzusetzen ist aber ein vergebliches Unterfangen, wie schon Oswald Spengler in seiner letzten politischen Schrift „Jahre der Entscheidung“ wußte: „Die Gefahr der Begeisterten ist es, die Lage zu einfach zu sehen.“ Es führt kein Weg daran vorbei, dem Bevölkerungsdruck in der Welt durch eine engagierte Unterstützung von Familienplanung zu begegnen.

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