© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/11 / 21. Oktober 2011

Blaulichtrocker
Furchtlos, statt gefürchtet: Bandidos und Hells Angels waren gestern – Polizeibeamte rollen heute den Asphalt auf
Toni Roidl

Die Kolben blubbern satt und tief. Es riecht nach Sprit und Öl. Hände klatschen auf Lederjackenrücken. Auf den Kutten prangt ein dreiteiliges Colour. Hier trifft sich der „Blue Knights Germany – Law Enforcement Motorcycle Touring Club“.

Doch die Mitglieder des Motorradclubs sind keine bösen bärtigen Biker mit Verstrickung ins Rotlichtmilieu. Eher ins Blaulichtmilieu – die Blue Knights sind Polizisten, die in ihrer Freizeit Motorrad fahren.

Da es Polizeibeamten in den USA verboten war, Mitglied eines Motorradclubs zu sein, gründete eine Handvoll Motorradpolizisten 1974 kurzerhand einen eigenen Club, die Blue Knights – zu deutsch: Blaue Ritter, nach den blauen Uniformen der US-Cops benannt. Die Idee ging um die Welt: Heute hat der Schutzmann-Motorradklub über 600 Chapter (Ortsgruppen) in 28 Ländern. Allein 30 lokale Ableger gibt es in Deutschland.

Am Rande eines internationalen Polizistentreffens 1989 in Belgien lernen elf deutsche Teilnehmer ein paar Blue Knights kennen – und sind begeistert. Wieder daheim in Bonn gründen sie das erste deutsche Chapter, das sie noch im selben Jahr beim Heimatclub im amerikanischen Maine anmelden.

Aus diesen Tagen stammen auch die Vereinssatzung und das Design des Clubabzeichens, das als „Patch“ auf dem Rücken getragen wird. Die Satzung sagt: „Mitglied werden kann, wer einen Strafverfolgungsauftrag mit Festnahmerecht, ein Motorrad und eine gültige Fahrerlaubnis hat.“ Das schließt auch Beamte der Bundespolizei, Zollfahnder und Feldjäger ein. Eine Hubraum-Mindestanforderung – wie bei den meisten Motorradclubs – gibt es nicht, sagt Lui, der „Presi“ des Chapters XVII.

Auch die oft jahrelange Anwärterzeit der sogenannten „Prospects“ fällt für Interessenten weg. „Besteht Interesse an der Mitgliedschaft, fährt man einfach einige Zeit zum gegenseitigen Kennenlernen mit. Beide Seiten haben so die Möglichkeit festzustellen, ob man zueinander paßt. Aufnahmen erfolgen in der Regel im Rahmen der Jahreshauptversammlung“, erklärt Lui.

Übereinstimmungen zu den „Outlaw“-Clubs wie den Hells Angels gibt es nur bei den traditionellen Äm-tertiteln: Neben dem „Presi“ gibt es den „Vice President“, den „Secretary“, den „Road Captain“ und den „Treasurer“ (Schatzmeister).

Nur der bei den Biker-Bandidos unentbehrliche „Sergeant at Arms“ (Verteidigungs- und Disziplinarbeauftragter) fehlt. Und anders als bei den Höllenengeln kann bei den Blue Knights auch eine Beamtin „Presi“ werden. In vielen Regionalverbänden sind Frauen in Vorstandspositionen.

Wie reagieren andere Motorradclubs, wenn die Blue Knights in ihren Farben durch Hoheitsgebiete der Hells Angels oder Bandidos fahren? Lui: „Die sogenannten Ein-Prozent-Motorradclubs sehen die Blue Knights nicht als Teil der Motorradszene an. Andersherum sehen die Blue Knights keinerlei Gemeinsamkeiten mit diesen Clubs. So ignoriert man sich gegenseitig.“

Freundschaftliche Beziehungen pflegen die Blue Knights zu den Green Knights. Die Grünen Ritter sind ein Motorradclub von Armeeangehörigen. Erklärtes Vereinsziel beider Clubs ist neben der Geselligkeit die Unterstützung karitativer Stiftungen. Das paßt zu ihrem Motto „We’re the good guys“ (Wir sind die Guten).

 www.blueknights.de

Foto: Beinhart wie’n Rocker: Blaue Ritter und ihre Chromrösser auf der europäischen Präsidentenversammlung in Neumünster 2005

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