© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/11 / 28. Oktober 2011

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Im Dienste der Türkei
Henning Hoffgaard

Die beiden Mitarbeiter der türkischen Botschaft lächeln freundlich. Der Vortrag des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), zum EU-Beitritt der Türkei war offenbar ganz nach ihrem Geschmack. Vom Inhalt überrascht dürfte allerdings kaum einer der 40 zumeist älteren Zuhörer in der Geschäftsstelle der Berliner CDU in der vergangenen Woche gewesen sein.

Seit Jahren tingelt der Bundestagsabgeordnete durch die Republik und wirbt energisch für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Bei der Basis der Union macht er sich damit allerdings keine Freunde und weiß das auch. Die will von einem Beitritt der Türken nämlich gar nichts wissen. Nachdem Polenz seinen Vortrag routiniert zu Ende gebracht hat, macht sie ihm das auch sehr deutlich. Christenverfolgung, Integrationsprobleme und Islam. Polenz kennt die Argumente seiner Gegner mittlerweile auswendig.

Ohne auch nur eine Miene zu verziehen, setzt er sich mit der Kritik auseinander. Von Integrationsproblemen will er kaum etwas wissen. Die Integration sei schließlich „viel besser gelungen, als wir glauben“, und überhaupt verließen ja mittlerweile viel mehr Türken Deutschland, als neue zuwandern würden. „Schön wär’s“, murmelt ein älteres CDU-Mitglied und muß sich sofort belehren lassen, daß dies vor allem „Hochqualifizierte“ seien, die den Standort Deutschland durch ihren Weggang erheblich schädigen würden. Und die Christendiskriminierung, das Bauverbot für neue Kirchen und die Morde an christlichen Geistlichen? Ja, das sei schon ein Problem, meint Polenz ungerührt. Aber dies könne sich ja erst verbessern, wenn die Türkei der EU beigetreten sei oder zumindest über einen Beitritt verhandele. So recht zufrieden ist mit dieser Antwort niemand. Nichts scheint den langjährigen Bundestagsabgeordneten aus der Ruhe zu bringen.

Zum Missionsverbot für Christen in der Türkei meint er spitzfindig, daß auch der Zentralrat der Juden in Deutschland sich ja gegen die Judenmission wehre und setzt nach, wie wichtig es sei, daß die Deutschen endlich ihr „negatives Islambild“ überwinden. Nicht nur die Muslime, auch der Islam gehöre natürlich zu Deutschland. „Die Scharia auch“, hakt ein Zuhörer nach. „Die gehört nicht zum Islam“, verbessert Polenz den renitenten Kritiker schnell und bestellt sich danach dann schon mal seinen Fahrdienst.

Selbst der islamischen AKP-Regierung gewinnt der Christdemokrat noch allerhand Positives ab. Diese sei die erste, „die uns bei der Integration hilft“, schwärmt er. Auch der Wahlkampfauftritt in Düsseldorf in diesem Jahr sei so schlecht gar nicht gewesen. Außerdem erinnere er sich auch an deutsche Politiker, die auf Mallorca Wahlkampf gemacht hätten. An die Skeptiker appelliert er noch eindringlich, sich klarzumachen, daß Deutschland zur Sicherung seiner Renten und Arbeitsplätze eine „massive Zuwanderung“ brauche. Richtig überzeugen konnte Polenz damit allerdings niemanden. So konnten sich am Ende dann auch nur die Angehörigen der türkischen Botschaft freuen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen