© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/11 / 28. Oktober 2011

Zeitschriftenkritik: Deutsche Sprachwelt
Holzpantoffeln im Deutschunterricht
Werner Olles

Rettet die Schreibschrift“ ist der Leitartikel der aktuellen Ausgabe (Herbst 2011) der vierteljährlich im 12. Jahrgang in einer Auflage von 25.000 Exemplaren vom Verein für Sprachpflege e.V. herausgegebenen Deutschen Sprachwelt überschrieben. Schriftleiter Thomas Paulwitz sieht in dem Versuch der verantwortlichen Schulpolitiker, die Schreibschrift zugunsten einer als „Grundschrift“ bezeichneten Druckschrift abzuschaffen, einen weiteren Fehltritt in Richtung eines „funktionalen Analphabetismus“. Es werde nicht nur ein hohes Kulturgut geopfert, sondern Kinder in ihrer geistigen Entwicklung gezielt behindert.

Nachdem die zuständigen Kultusminister den Grundwortschatz, den ein Schüler am Ende der 4. Klasse beherrschen sollte, auf nur noch 700 Wörter gesenkt haben und die „Rechtschreibreform“ mit ihren erzwungenen Nachbesserungen wider besseres Wissen durchpeitschten, droht der Bildungsstand nun weiter zu sinken. „Kaum ein Schulfach hat in den vergangenen Jahrzehnten so unter ‘Reformen’ gelitten wie der Deutschunterricht“, schreibt Paulwitz. Doch das Versprechen, durch die Umgestaltungen und das ständige Senken der Meßlatte alles leichter zu machen, verhindert nur, daß sich die Grundschüler die richtige Rechtschreibung einprägen und führt dazu, daß Lesen und Schreiben als grundlegende Kulturtechniken immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden.

Karin Pfeiffer-Stolz klärt die Leser in ihrem Beitrag „Schreiben wie in Holzpantoffeln – Grundsätzliche Gedanken zur geplanten Abschaffung der Schreibschrift“ darüber auf, welche Interessenverbände hinter der „Reform“ stecken. Der in Frankfurt am Main ansässige Grundschulverband e.V., dessen ideelle Wurzeln in die 1968er-Zeit zurückreichen, hat durch seine beharrliche Lobbyarbeit bereits erreicht, daß ab dem kommenden Schuljahr im schulpolitisch ohnehin schwer angeschlagenen Hamburg die neue Retortenschrift für den Schreibunterricht zugelassen wird. Für die Autorin befinden sich Hamburgs Schüler damit in derselben Lage wie Sportler, denen ihre Trainer Holzpantoffel verordnen, mit denen man angeblich schneller und besser läuft als in den altmodischen Turnschuhen. Tatsächlich wird die neue „Grundschrift“ schon an hundert Schulen bundesweit erprobt, und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere Kultusminister einknicken und diesen weiteren bildungspolitischen Mißgriff sanktionieren.

Wie schwedische Sprachschützer gegen Sprachflucht und „Svengelska“, das schwedische Pendant zum hiesigen „Denglish“, kämpfen, beschreibt Frank-Michael Kirsch, ein seit zwanzig Jahren in Schweden lebender und arbeitender Professor für Deutsch und Skandinavistik, in seinem Beitrag „Das Schwedische verteidigen“. „Spraksförsvaret“ („Verteidigung der Sprache“), der Schwesterverband der deutschen Sprachvereine, stützt vor allem die nordischen Nachbarsprachen und versucht das Schwedische vor der Expansion des Englischen zu schützen.

Kontakt: Deutsche Sprachwelt, Postfach 1449, 91004 Erlangen, Telefon: 0 91 31 / 48 06 61. Das Jahresabo kostet 10 Euro. www.deutsche-sprachwelt.de

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