© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Kursschwenk der CDU beim Mindestlohn
Ritt in die Beliebigkeit
Rolf Dressler

Familie, Bildung, Kernkraft, Wehrpflicht und nun auch der Mindestlohn – lustvoll beinahe, jedenfalls mit aller Macht von oben schleift die CDU alles, was über Jahrzehnte hin ihren ureigenen weltanschaulichen und politischen Wesenskern ausgemacht hat. Wegwerfen, umfallen, umbiegen – darin sehen Angela Merkel und ihre willigen Helfer in Regierung und Bundestagsfraktion offenbar ihre Berufung.

Es verschlägt einem schier den Atem. Gleichsam im Vorbeihuschen wurde die Wehrpflicht entsorgt; desgleichen die Kernkraftnutzung, von der Angela Merkel noch vor kurzem beschwörend gesagt hatte, ohne sie würden in Deutschland unweigerlich „die Lichter ausgehen“. Kehrtwenden Nummer 3 und 4: Das bewährte dreigliedrige Schulsystem ist für die Merkel-CDU nur noch ein Fossil, deshalb Schluß mit der Hauptschule – und her mit dem bislang verpönten Elterngeld.

Da fragt man sich schon, ob sich nicht sogar die hartgesottene Konkurrenz von SPD und Grünen doch ein wenig die Augen reiben muß angesichts des Tempos, das die CDU bei ihrem Ritt in die Beliebigkeit der politischen Positionen und die Unbestimmtheit ihrer heutigen und künftigen Grundwerteorientierungen vorlegt.

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „West­falen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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