© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Martinshilfe
Finanz- und Schuldenkrise: Aus dem Vatikan kommt der Vorschlag für eine Weltzentralbank
Wilhelm Hankel

Einige der schönsten deutschen Kirchen und Dome (Mainz, Landshut) sind dem Heiligen Martin gewidmet. An diesen mochte der deutsche Papst gedacht haben, als er kürzlich die Welt zu vermehrter Anstrengung im Kampf gegen den Hunger in der Welt aufrief. Der frommen Legende nach hatte der spätere Bischof Martin von Tours noch als Soldat im 4. Jahrhundert, als er auf seinem Ritt durchs Land auf einen frierenden Bettler stieß, spontan mit dem Schwert seinen Mantel geteilt und diesem die Hälfte überlassen. So christlich und human die Tat auch war: So stellt sich dennoch die Frage: Was aber, wenn nachher beide froren oder gar erfroren?

In der vergangenen Woche nun stellte der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden („Iustitia et Pax“) das Papier „Für eine Reform des internationalen Finanz- und Geldsystems in Hinblick auf eine öffentliche Autorität mit universaler Kompetenz“ vor – so der sperrige Titel der Note. Darin fordert der Vatikan neben der Einführung von Finanztransaktionssteuern vor allem die Einrichtung einer Weltzentralbank, um die globalen Finanzströme zu regulieren. „In einer zunehmend globalisierten Welt ist allein eine Weltautorität kompatibel mit den neuen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Menschheit“, heißt es in dem Dokument. „Wir wollen die Welt zum Nachdenken provozieren“, sagte der Präsident des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, der aus Ghana stammende Kurienkardinal Peter Kodwo Appiah Turkson, vorvergangenen Montag bei der Vorstellung des Vatikan-Papiers.

Nun ist der Kommunismus nicht zuletzt daran gescheitert, daß er das Problem der gerechten Verteilung trotz bester Vorsätze nicht lösen konnte. Dem Kapitalismus droht womöglich dasselbe Los. Er kann zwar ungeheuer effizient produzieren, doch mit der gerechten Verteilung hapert es gleichfalls – siehe die (gar nicht so) wenigen Reichen und viel zu vielen Armen in der Welt. Es fehlt nicht an Lebensmitteln auf dem Globus, doch offenkundig an den Mitteln und Wegen, sie rasch und billig zu den Bedürftigen zu bringen. Vielleicht hilft hier wirklich nur Sankt Martin. Dann wäre der Appell aus dem Vatikan einer an die eigene Kirche und ihre Gläubigen – keiner an die Welt-Caritas, die sich so nicht organisieren läßt!

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