© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Frisch gepresst

Kempowski. Weihnachten naht mit großen Schritten. Liebhaber des „deutschen Chronisten“ Walter Kempowski sind dadurch 2011 nicht in Verlegenheit zu bringen. Denn zum Schenken, Schenkenlassen und natürlich zur Selbstbelohnung steht, „klare Sache das“, der atlasformatige Bildband „Kempowskis Rostock“ ganz oben auf dem Wunschzettel. Der Rostocker Fotograf Gerhard Weber illustriert mit seiner Auswahl historischer Aufnahmen Passagen jenes Teils der Familiensaga, der im Kaiserreich beginnt und mit „Tadellöser & Wolff“ im Mai 1945 endet. Der Band, der das alte Rostock vergegenwärtigt, klingt mit seltenen Fotos von den innerstädtischen Zerstörungen aus, die auf das Konto angelsächsischer Bomber gingen. Auch sonst ist Weber bemüht, viel Lokalkolorit mit Zeitgeschehen zu durchwirken, vom Kaiserbesuch, dem Zeppelin über der Stadt bis zum Aufmarsch der braunen Kolonnen, die Mutter Kempowski zunächst mit der Müllabfuhr („Ascheimer-Leute“) verwechselte. (ob)

Gerhard Weber (Hrsg.): Kempowskis Rostock. Eine Spurensuche in Texten und in historischen Aufnahmen. Hinstorff Verlag, Rostock 2011, gebunden, 222 Seiten, 29,95 Euro

 

Breslau 1945. Über die Belagerung der schlesischen Odermetropole im Frühjahr 1945 durch die Rote Armee und die schrecklichen Zustände damals gibt es zahlreiche Augenzeugenberichte. Die Chronik des Breslauer St.-Georg-Krankenhauses von Alfons Buchholz, dem Ermländischen Domkapitular i. R., der infolge der Ereignisse bei der Heilsberger Fronleichnams-prozession 1937 verhaftet worden war und 1939 aus Ostpreußen ausgewiesen wurde, bringt nun einige neue Einsichten in die Stadtgeschichte jener Tage. Seine Chronik ist eine Sammlung von Tagebuchblättern, die Buchholz als Seelsorger des Krankenhauses vom 18. Januar bis 6. Mai 1945 verfaßt hat. Er widmete die ergreifenden persönlichen Erlebnisberichte dem „Konvent der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Karl Borromäus“ Weihnachten 1945. Im April 1947 wurde er von den Polen ausgewiesen und starb 1957 in Gerlasheim. Christoph Polanski ist bei seinen Forschungen über die medizinische Versorgung in Breslau von 1943 bis 1953 während seines Aufenthaltes bei den Borromäerinnen in Trebnitz 2003 auf zahlreiche Bilder und eben diese Schreckenschronik gestoßen, die nun ediert vorliegt. (KHK)

Christoph Polanski (Hrsg.): Chronik des St.-Georg-Krankenhauses über die Belagerung Breslaus vom 18. Januar bis 6. Mai 1945. Helios Verlag, Aachen 2011, gebunden, 80 Seiten, Abb., 14,80 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen