© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/11 / 18. November 2011

Studie zu Zwangsehen in Deutschland
Aufrüttelnd
Fabian Schmidt-Ahmad

Kaum einen anderen Lebensbereich des Sozialen hat die Zivilisation so sehr verändert wie die menschliche Sexualität. Während in früheren Kulturen die Kontrolle der Fortpflanzung und damit die Verfügungsgewalt über Frauen völlig selbstverständlich und unhinterfragbar durch die Gemeinschaft vorgenommen wurde, gilt derartiges heute als völlig unverständliche und anmaßende Einmischung in die intimsten Lebensverhältnisse des einzelnen. Entsprechend groß sind die Irritationen beim Aufeinandertreffen, wenn unsere Gesellschaft, in der für viele die „multikulturelle Buntheit“ an sich schon einen sexuellen Reiz darstellt, mit einer Haltung konfrontiert wird, die ob unserer Freizügigkeit mit Abscheu reagiert. Und die dann zur Abwehr auf soziale Regulationsmechanismen – wie etwa die Zwangsverheiratung  – zurückgreift, vor denen westlich, abendländisch geprägte Menschen wiederum nur Ekel empfinden können.

Wenn das wenigstens zur Kenntnis genommen würde. Ein wenig im Schlummer gestört sind wir nun durch die jüngste Studie des Bundesfamilienministeriums, die uns auf das Schicksal derjenigen hinweist, die von unserer Freiheit gekostet haben, sie aber nicht leben können, weil sie in Strukturen gefangen sind, die wir als „Bereicherung“ konservieren. Diese multikulturellen Kollateralschäden ins öffentliche Bewußtsein gerufen zu haben, ist das Verdienst der Studie.

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