© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/11 / 18. November 2011

Selbstgebraut
Bierexperte Michael Hlatky über das Selbermachen und die Zukunft des beliebten Teutonentrunks
Christian Schwiesselmann

Herr Hlatky, warum soll man sich überhaupt Bier selbst brauen? Man kann es doch günstig kaufen ...

Hlatky: Bierbrauen ist ein ausfüllendes Hobby; ökonomisch gesehen rechnet es sich natürlich nicht. Durch das Selbstbrauen kann man aber sein Lieblingsgetränk besser kennenlernen und ein Gefühl für die Kulturleistung des Bierbrauens bekommen. Zudem erfährt der Selbstbrauer, wie individuell und verschiedenartig ein Bier schmecken kann, das nicht aus dem Stahltank einer Großbrauerei stammt und dann im Supermarktregel eingelagert wurde.

Welche Gerätschaften braucht man denn, wenn man zu Hause brauen will?

Hlatky: Die Grundausstattung für das Brauen zu Hause besteht aus einem Einkochtopf, einem Einkochthermometer, einigen Stoffwindeln und einem Kochlöffel – alles Utensilien, die in einer Küche vorhanden sein sollten. Wenn man öfter brauen möchte, ist die Anschaffung spezieller Behälter anzuraten.

Manche Brauhäuser bieten ein „Brauerkit“ an. Was hat es damit auf sich?

Hlatky: Das „Brauerkit“ gibt es in unterschiedlichsten Ausführungen, angefangen von den einfachsten, bei denen nur Wasser zur Gärung beigefügt werden muß. Der berüchtigte Brausack für Studenten ist nicht auszurotten. Für erste Brauversuche sicherlich geeignet, hat aber nur bedingt etwas mit Bierbrauen zu tun.

Die meisten Biertrinker können nicht einmal unter- und obergärig auseinanderhalten. Erklären Sie uns den Unterschied?

Hlatky: Da tun sich manche Experten tatsächlich schwer. Wenn der Gärkeller warm ist, wird obergärig gebraut; ist er kalt, wird untergärig vergoren. Die wichtigsten obergärigen Sorten sind Weiß- beziehungsweise Weizenbiere, Kölsch, Alt, belgische Biere, Stout, Porter und so weiter. Über 90 Prozent der Biere werden weltweit untergärig gebraut, da sie länger haltbar und vor allem transportierbar werden.

Was ist ihr Lieblingsbier?

Hlatky: Mein Lieblingsbier ist ein belgisches obergäriges Trappistenbier, Dubbel von Westmalle. Nebenbei: Bier soll auch zum Essen und zur Umgebung passen.

Wie sehen Sie die Zukunft der deutschen Braukunst?

Hlatky: Leider nicht sehr rosig, es wird zu einem weiteren Konzentrationsprozeß kommen, weltweit agierende Braukonzerne (Anheuser-Bush InBev, SABMiller, Heineken) beherrschen den Markt. Daneben wird es hoffentlich weiterhin lokale Klein- und Gasthausbrauereien geben, die seltene Sorten brauen und die geschmackliche Vielfalt bewahren.

 

Pils-Rezept

Zutaten für 20 Liter: 4,1 kg Pilsner Malz, 50 g Hopfen, 16 l Wasser zum Einmaischen, 14 l Wasser für den Nachguß, untergärige Hefe. Einmaischen bei 50 °C. Eiweißrast: 15 Minuten bei 55 °C. Maltoserast: 40 Minuten bei 64 °C. 1. Verzuckerungsrast: 20 Minuten bei 72 °C.
2. Verzuckerungsrast: 20 Minuten bei 78 °C. Reifezeit mind. 6 Wochen.

Internetseiten für Hobbybrauer:

 www.bierundwir.de

 www.hobbybrauer.de

Michael Hlatky: Bierbrauen für jedermann, 6. erweiterte Auflage, Leopold Stocker Verlag, Graz 2011, gebunden, 128 Seiten, 16,90 Euro

 

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