© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Bibliothek des Konservatismus
Beginn einer Renaissance
Dieter Stein

In diesen Tagen hat das demokratisch „Rechte“, das genuin Konservative keine hohe Konjunktur. Die politischen Verhältnisse sind ins Rutschen geraten, Hysterie überlagert alles; da fällt die Einweihung einer Bibliothek des Konservatismus in Berlin scheinbar aus der Zeit. Am vergangenen Wochenende konnten die Räume der von der gemeinnützigen Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) seit 2008 aufgebauten Bibliothek Freunden und Förderern erstmals feierlich zugänglich gemacht werden (siehe ausführlicher Bericht auf den Seiten 18 und 19).

Es ist ein Kuriosum, daß es im bevölkerungsreichsten Land der Europäischen Union bislang kein wissenschaftliches Archiv und keine Bibliothek zur Erforschung der Geschichte des Konservatismus gab. Der jüngste Parteitag der CDU unterstrich zudem noch einmal, daß diese Partei sich weder politisch noch weltanschaulich dem traditionsreichen Begriff verpflichtet fühlt – die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung sieht ihre Aufgabe vielmehr darin, die Sozialdemokratisierung der Union und nicht konservative Grundpositionen weltanschaulich zu untermauern.

Der 2009 verstorbene FKBF-Stifter Caspar von Schrenck-Notzing, der 1970 als Reaktion auf die Achtundsechziger-Revolte die Zeitschrift Criticón als Kristallisationspunkt einer konservativen Intelligenz gegründet hatte, widmete sich erstaunlich intensiv dem Problem mangelnder Organisation und dessen Unterschätzung durch Konservative. Diese forderte er vor 40 Jahren zur Gründung eigener Institutionen auf: „Als einzelne werden sie (die Konservativen) überall verdrängt, nur als organisierte Gruppe können sie sich Duldung erkämpfen.“ Ein entscheidender, historischer Schritt ist dazu jetzt getan, da nun die Bibliothek des Konservatismus mit 60.000 Bänden auf 460 Quadratmetern im Zentrum der Hauptstadt den Kosmos dieser Idee zugänglich macht. Hier befindet sich jetzt der Ort, an dem konkret ermessen werden kann, was konservatives Denken, konservative Politik bedeuten. Sie wird der Ausgangspunkt einer konservativen Renaissance sein, die Deutschland bitter nötig hat.

Karlheinz Weißmann, der mit dem Institut für Staatspolitik im Jahr 2000 selbst eine konservative Institution gründete, mahnte an anderer Stelle: „Angesichts der Größe der Probleme und angesichts der Entschlossenheit des Establishments, das zu verschleiern, wird man sich mit dem zu rüsten haben, was die politische und kulturelle Auseinandersetzung fordert. Es geht darum, organisierende Zentren zu schaffen oder zu stärken, die in der Lage sind, sich auch unter Druck zu behaupten. Wenn das nicht gelingt, wird keine Analyse und wird keine intellektuelle Brillanz helfen.“ Mit dankenswerter Unterstützung zahlreicher engagierter Förderer ist dies jetzt in Berlin geschafft worden.