© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Die CDU und der Berliner Koalitionsvertrag
Roßtäuscher
Ronald Gläser

Die Berliner CDU läßt keinen Zweifel aufkommen: Sie will mitregieren, koste es was es wolle. Die Partei hat den Koalitionsvertrag mit der SPD ohne Aussprache einstimmig abgenickt. Spitzenkandidat Frank Henkel nannte das Papier eine „Liebeserklärung an unsere Stadt“.

Besonders heikel daran: In Berlin beginnt offenbar die Erosion bei der Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Union hat eingewilligt, ein rot-rotes Gesetzesvorhaben im Bundesrat weiterzubetreiben, nämlich die Abschaffung des Optionszwangs. Damit könnten alle Zuwandererkinder in Zukunft dauerhaft zwei Staatsangehörigkeiten besitzen. Bislang müssen sie sich mit 23 Jahren für die eine oder die andere entscheiden. Daß die CDU hier eine Position preisgibt, mit der Roland Koch 1999 in Hessen einen für unmöglich gehaltenen Sieg errungen hat, zeigt, daß sie aus kurzfristigem Machtinstinkt die Axt ebenso an den nächsten Wahlerfolg legt wie an ihre Grundfesten.

Auch sonst hat die Union vieles geopfert, dafür aber Sachen durchgesetzt, die gar nicht in ihrem Wahlprogramm gestanden haben – wie ein sinnloses Verkaufsverbot von Bier an Jugendliche, das jetzt geprüft wird. Der neue Senat erhöht zudem die Grunderwerbsteuer, die schon jetzt die höchste in ganz Deutschland ist, und schafft viele neue Stellen im öffentlichen Dienst. Mehr Steuern, mehr Beamte, neue Verbote. Danke schön. Da hätte auch Rot-Rot weitermachen können.