© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/11 / 02. Dezember 2011

Umwelt
Schweigen im Walde
Volker Kempf

Die Lebensräume von bedrohten Tierarten sollen besser vor Zersiedelung und Straßenbau geschützt werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) verweist zur Untermauerung seiner Forderung auf repräsentative Zahlen über die Beliebtheit der Wiederansiedlung von Wölfen. Kaum anders das Vogelschutz-Komitee, das mehr Flächen für Streuobstwiesen erhalten wissen will, weil der Steinkauz diese als Lebensraum brauche. Schutzgebiete müßten zudem miteinander vernetzt werden, reklamieren Naturschützer. Bekannte Tierarten dienen hierbei sichtbar als Sympathieträger. Dem stehen aber häufig handfeste ökonomische Interessen entgegen. Siedlungsmaßnahmen seien strukturell notwendig für die wirtschaftliche Bedeutung einer Region, heißt es in regelmäßiger Einförmigkeit. Manches Straßenbauprojekt erweckt allerdings den Eindruck, mehr eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu sein.

Da wird schon gelegentlich eine teure Brücke und eine Straße als Abkürzung zu einer kleinen Siedlung gebaut – der Bundes- und die Landesrechnungshöfe oder der Bund der Steuerzahler können ein teures Lied davon singen. Staatliche Zuschüsse sind oft ausschlaggebend für Entscheidungen, deren funktionaler Sinn sich nicht erschließen will. Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, Straßenbauprojekte zu hinterfragen. Angesichts von über 58 Milliarden Euro Ländle-Schulden ist das verständlich. Doch wenn etwa die geplante Bundesstraße B31-West, die etliche Ortschaften von Durchgangsverkehr entlasten sollte, nun im Acker endet, muß die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werden. Denn das Neubauprojekt ist Teil der ohnhin überlasteten Europastraße E54 vom Elsaß über den Hochschwarzwald an den Bodensee. Naturschützer mögen jubeln, doch Betroffene formieren sich in Bürgerinitiativen. Die Grünen machen sich so keine Freunde im Südwesten. Erste Ernüchterung macht sich breit, auch auf anderen umstrittenen Politikfeldern wie dem der Bildung. Schon jetzt sinken die grünen Umfragewerte. Die nächsten Wahlen könnten wieder spannend werden.

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