© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/11 / 02. Dezember 2011

Haltungsnote
Schweizer Uhrwerk
Tilmann Wiesner

Der Zauber der Schweiz liegt darin, daß der Schrei der Moderne nur leise und verzögert aus den Alpen zurückhallt. Daß sich ein kleines Land gegen die Sirenengesänge der EU an den Mastbaum kettet und nicht an den Küsten eines egalitären Superstaates anlandet, sagt viel über den aufrechten Gang der Eidgenossen aus.

Zu den Großen des kleinen Bergvolkes gehört Nayla Hayek, die jüngst im Spiegel-Interview gegen die Frauenquote in Privatunternehmen argumentierte. Die 60jährige Miterbin des Swatch-Uhren-Imperiums thront als einzige Schweizerin an der Spitze eines börsennotierten Unternehmens und hält die Frauenquote „ehrlich gesagt“ für „diskriminierend“. Frauen müßten sich zwar tatsächlich rund um die Uhr beweisen und reagierten darum gelegentlich auch etwas aggressiver, aber eine Quote würde die Last „dieses ewigen Bestätigungsdruckes“ nur verschärfen.

Die Swatch-Group – dazu gehören Nobelmarken wie Blancpain, Certina, Glashütte, Longines, Omega, Rado oder Tissot – habe seit jeher viele Frauen beschäftigt, auch in Führungspositionen, gibt sich die Verwaltungsratschefin selbstbewußt. Schon ihr Vater – der Unternehmensgründer Nicolas Hayek – habe nie nach Geschlecht, sondern nur nach Leistung unterschieden. „Deshalb hätten wir auch nie Probleme gehabt, eine Frauenquote zu erfüllen“, so Hayek, die in über 30 weiteren Verwaltungsräten des schweizerischen Konzerns präsent ist.

Die Züchterin von Araberpferden gilt als Perfektionistin und weiß um den Wert des Ausleseprinzips für betrieblichen Erfolg. Zu Recht stellt sie die Gretchenfrage im Kampf um die Quote, die man – einmal den Frauen gewährt – anderen Interessengruppen nicht verwehren könne. Warum keine Quoten für Baptisten, Blondinen oder Briefmarkensammler in Chefetagen?

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