© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/11 / 09. Dezember 2011

Noch sind die Messer nicht gezückt
Schweizerische Volkspartei: Taktische Winkelzüge im harten Kampf um den zweiten Ministerposten
Frank Liebermann

Nachdem die erste Runde der eidgenössischen Wahlen für die Schweizerische Volkspartei (SVP) schlecht gelaufen (JF 44/11) ist, führte auch die zweite Runde zu einer bitteren Niederlage. Einen „Sturm“ wollte die SVP entfachen. Nachdem zwei von sieben Sitzen im Ständerat verlorengingen, zeigte sich allerdings eher ein lauwarmer Wind. Bei den Wahlen der Bundesräte – Mitglieder der Regierung – geht es für die Konservativen jetzt um viel. Obwohl die SVP mit rund 26 Prozent der Stimmen den größten Wähleranteil hat, möchten ihr die anderen Parteien am liebsten entgegen der vielbeschworenen Konkordanz nur einen Sitz im siebenköpfigen Bundesrat zugestehen. In der Bundesversammlung gingen acht Sitze verloren, was den Kampf um den zweiten Sitz für die SVP nicht unbedingt leichter macht.

Gesetzt als SVP-Kandidat für einen Sitz im Bundesrat ist Ueli Maurer. Der Verteidigungsminister hat in der vergangenen Legislatur eine seriöse Arbeit geleistet, die über die Parteigrenzen hinaus geschätzt wird. Für den zweiten Bundesratssitz gehen zwei weitere offizielle SVP-Kandidaten ins Rennen: Bruno Zuppiger und Jean-François Rime.

Zuppiger gilt als gemäßigt und kompromißfähig. Ein Makel aus dem Jahre 2008 könnte ihm bei dieser Wahl helfen: Damals sollte Zuppiger der Sprengkandidat gegen Christoph Blocher werden, nominiert von den anderen Parteien. Doch diese täuschten sich. Zuppiger blieb loyal. Das größte Problem für ihn ist seine Herkunft. Gleich wie Ueli Maurer kommt er aus Zürich, was den Regionalproporz durcheinanderbringt. Das könnte ein Vorteil für den Jean-François Rime sein, obwohl dieser weniger beliebt ist. Der 61jährige ist Chef einer Sägerei und stammt aus dem französischsprachigen Fribourg. Außerdem ist er bestens bekannt, da er bereits das dritte Mal zu wichtigen Wahlen antritt.

Politische Beobachter glauben, daß die SVP mit den zwei gemäßigten Kandidaten tatsächlich mehr Regierungsverantwortung anstrebt, da beide Kandidaten beim politischen Gegner keine Abwehrreflexe auslösen dürften.Die Wahl wird spannend. 2008 überlegte sich die SVP, in die Opposition zu gehen, falls sie nicht zwei Bundesräte bekommt. Diese Linie hielt sie dann nicht durch. Auch bei dieser Wahl gibt es ähnliche Gedankenspiele. Allerdings sind vermeintlich starke Personen wie Parteichef Toni Brunner geschwächt, schließlich verfehlte er den Einzug in den Ständerat. Noch sind die Messer nicht gezückt. Sollten jedoch auch die Bundesratswahlen schiefgehen, kann der schwelende Konflikt ein offener werden.

Wenn aber am 14. Dezember wieder keine zwei SVP-Bundesräte gewählt werden, dürfte diesmal tatsächlich ein Sturm entstehen. Allerdings innerhalb der Partei.

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