© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/11 / 09. Dezember 2011

Neues Personal soll EZB Geldschwemme ermöglichen
Romanische Interessen
Philipp Bagus

Als Jürgen Stark als Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) zurücktrat, schickte Wolgang Schäuble seinen Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen (SPD) ins Postenrennen. Doch auch Frankreich hat mit Benoît Cœuré (bislang Chefvolkswirt im Finanzministerium) Anspruch auf diese Stelle geltend gemacht. Entscheiden werden der neue EZB-Chef Mario Draghi und sein Direktorium.

Doch das ist mehr als eine Personalie, denn die jeweiligen Auffassungen zur Geldpolitik unterscheiden sich erheblich. Für Frankreich ist die Notenbank ein Instrument, das eine dirigistische Politik unterstützen soll. So möchte Paris, daß die EZB endlich unbegrenzt Staatsanleihen ankauft. Aus deutscher Sicht soll sie ausschließlich den Geldwert verteidigen. Dazu muß die EZB von der Politik unabhängig sein, sonst wird sie zur Finanzierung von Politikerträumen mißtraut. Da die Bundesbank am wenigsten inflationär war, erreichte sie eine Vormachtstellung, die Frankreich ein Dorn im Auge war. Der wichtigste Coup, sich dieser Macht zu entledigen, war die Einführung des Euro und der EZB.

Zwar wurde diese 1998 als Abbild der Bundesbank angepriesen und symbolisch in Frankfurt plaziert, allerdings bekam Paris den Fuß in die geldpolitische Tür und konnte den Einfluß der Bundesbank kontinuierlich zurückdrängen. Nach dem Niederländer Wim Duisenberg wurde 2003 Jean-Claude Trichet EZB-Präsident. Der Franzose begann 2010, Staatsanleihen anzukaufen und sich unverholen in den Dienst der Politik zu stellen. Der Euro soll auf Kosten des Geldwerts gerettet werden.

Dies veranlaßte Axel Weber zum Austritt aus dem Rennen um die EZB-Spitze, die dann dem Italiener Draghi angedient wurde. Auch Jürgen Stark machte den Abgang, als er sah, daß die Bundesbanklinie keine Mehrheit im EZB-Rat hat. Die Besetzung der Chefvolkswirtsstelle durch Cœuré wäre jetzt der nächste Coup bei der Umgestaltung der EZB-Geldpolitik zugunsten romanischer Interessen.

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