© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/11 / 09. Dezember 2011

Erinnerung an Rußlanddeutsche: Zeithistoriker vor Gericht
Putins Geheimdienst schreibt Geschichte
(dg)

Daß Zeitgeschichtsschreibung mitunter Juristen auf den Plan ruft, scheint eine im europäischen Rahmen befremdlich wirkende Eigentümlichkeit bundesdeutscher wie österreichischer Verhältnisse zu sein. Insoweit steht der „Weg nach Westen“ hier wohl noch aus. Bis dahin ähneln historiographische Fährnisse hierzulande eher jenen im östlichen Herrschaftsbereich des „lupenreinen Demokraten“ Wladimir Putin. Denn auch in Rußland lauert bei zeithistorisch „sensiblen“ Themen hinter jedem Forscher ein Staatsanwalt. So erlebte es Michail Suprun, der derzeit in Archangelsk angeklagt wird, weil er bei Recherchen zur Verfolgung der Rußlanddeutschen während der Stalinzeit angeblich „Datenschutzbestimmungen“ verletzte. Für ein „Gedenkbuch“ zur Erinnerung an das Schicksal der 1941 von der Wolga auch ins unwirtliche Archangelsker Gebiet deportierten Deutschen sammelte Suprun Informationen, deren Veröffentlichung der Moskauer Obrigkeit unbequem ist. Bereits 2009 hatten Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB Büro und Privaträume Supruns durchsucht und wichtige Forschungsunterlagen konfisziert. Als bemerkenswert an diesem fadenscheinigen Prozeß fällt zudem die mangelnde Unterstützung auf, die Suprun durch rußlanddeutsche Funktionäre erfährt, die sich offiziell zur „Rehabilitierung“ der deutschen Minderheit bekennen.  www.ornis-press.de

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