© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/11 / 09. Dezember 2011

Frisch gepresst

II. Vaticanum. Der Kanonist Hans Barion (1899–1973) erschien schon Ende des 20. Jahrhunderts so unbedeutend, daß ihm die Aufnahme in Walther Killys omnipräsente „Deutsche Biographische Enzyklopädie“ verweigert wurde. Zarte Anzeichen für seine Wiederentdeckung sind jedoch seit geraumer Zeit im Umfeld der expandierenden Carl-Schmitt-Forschung auszumachen. So etwa Thomas Marschlers Barion-Opus über „Kirchenrecht im Bannkreis Carl Schmitts“ (JF 1/05). Im Vergleich damit beinahe unbekümmert Barion in seiner Eigenständigkeit heraushebend, beschäftigt sich die bei Wolfgang Ockenfels (Trier) entstandene Dissertation Wolfgang Spindlers mit der Kritik des Kirchenrechtlers an der Staats- und Soziallehre des Zweiten Vatikanischen Konzils. Damit stößt Spindlers vermeintlich bloß historische Arbeit fast fünfzig Jahre nach dem II. Vaticanum ins Zentrum der unverändert aktuellen Frage nach dem Verhältnis von Moderne und katholischer Kirche vor – wie das Rauschen im Blätterwald anläßlich des jüngsten Papstbesuches in Deutschland dokumentiert hat. (jr)

Wolfgang Spindler: „Humanistisches Appeasement“? Hans Barions Kritik an der Staats- und Soziallehre des II. Vatikanischen Konzils, Duncker & Humblot, Berlin 2011, broschiert, 462 Seiten, 98 Euro

 

Gustav Kirchhoff. Der 1824 in Königsberg geborene, 1887 in Berlin verstorbene Gustav Robert Kirchhoff nimmt unter den Physikern des 19. Jahrhunderts einen vorderen Platz ein. Er gilt als Begründer der theoretischen Physik, stieß mit seiner Konzeption des schwarzen Körpers und seiner Theorie der Strahlung die Quantenphysik seines Berliner Lehrstuhlnachfolgers Max Planck an und ist heute noch jedem Erstsemester in seiner Disziplin als – zusammen mit Robert Bunsen – Begründer der Spektralanalyse bekannt. Ungeachtet dieser Bedeutung fehlte bisher eine gründliche wissenschaftshistorische Monographie zu Leben und Werk des ostpreußischen Gelehrten. Sie geleistet zu haben, ist das Verdienst Klaus Hübners, dessen erstmals viele archivalische Quellen ausschöpfende Arbeit vom Verlag mustergültig ausgestattet wurde. Bemängeln mag man allein, daß Hübner Kirchhoffs Leistungen zu sehr von der Fachgeschichte isoliert darstellt und beim Leser das Gymnasialniveau erheblich überschreitende Physikkenntnisse voraussetzt. (ob)

Klaus Hübner: Gustav Robert Kirchhoff. Das gewöhnliche Leben eines außergewöhnlichen Mannes. Verlag Regionalkultur, Heidelberg 2011, gebunden, 311 Seiten, Abb., 24,80 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen