© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/11 / 16. Dezember 2011

Zentrale Überwachung
Innere Sicherheit: Deutschland führt ein nationales Waffenregister ein
Walter Schulz

Deutschland wird bis Ende 2012 ein nationales Waffenregister einrichten und setzt damit die EU-Waffenrechtsrichtlinie 2008/51/EG schon zwei Jahre früher als gefordert um. Das hat das Bundeskabinett in der vergangenen Woche beschlossen. In diesem computergestützten Register müssen insbesondere Typ, Modell, Fabrikat, Kaliber, Seriennummer, Name und Anschrift des Verkäufers und Name und Anschrift des Waffenbesitzers hinterlegt sein. Dieses nationale Waffenregister muß per behördeninternem Netzwerk allen zuständigen Behörden den Zugang zu den gespeicherten Daten eröffnen. Die Entscheidung, diese von der EU vorgegebene Einführung um zwei Jahre vorzuziehen, ist eine Reaktion auf das Schulmassaker von Winnenden im März 2009. Damals war der Gesetzgeber unter massiven Druck von die öffentliche Meinung bestimmenden Massenmedien gekommen, das ohnehin sehr restriktive deutsche Waffenrecht weiter zu verschärfen.

Wer in Deutschland als Bürger legal Feuerwaffen erwerben und besitzen will, muß hohe Hürden überwinden. Der Antragsteller auf Erwerb und Besitz muß das gesetzlich festgelegte Mindest-alter erreicht haben und er darf nicht vorbestraft oder Mitglied einer verfassungsfeindlichen oder terroristischen Vereinigung sein. Weiterhin muß er per Prüfung die Sachkunde für den Umgang mit Waffen nachweisen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muß der Interessent ein sogenanntes Bedürfnis nachweisen. Das kann ein gültiger Jahresjagdschein sein oder die nachgewiesene, regelmäßige Teilnahme am Schießsport, wobei die ausgeübten Schießsportdisziplinen vom Bundesverwaltungsamt genehmigt sein müssen. Als Bedürfnis für den Erwerb gilt auch das Bestreben, eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung von Waffen aus einem exakt definierten Sammelgebiet aufzubauen. Dazu muß der Antragsteller vorab per Prüfung vertiefte technische und historische Kenntnisse über die Sammelgegenstände und die dazugehörende Epoche nachweisen. Bürger, die diese Voraussetzungen erfüllen, besitzen in Deutschland Schätzungen zufolge rund zehn Millionen Waffen.

Wer als Berechtigter eine Waffe erwirbt, muß diese innerhalb weniger Wochen bei seinem Ordnungsamt anmelden, wo sie auf seine Besitzberechtigung, die sogenannte Waffenbesitzkarte eingetragen wird. Wie der Käufer eine Meldung vornehmen muß, muß auch der Verkäufer eine entsprechende Abmeldung bei seiner Behörde veranlassen.

Die exakte Zahl der legal besessenen Waffen ist derzeit unbekannt, weil die behördliche Dokumentation bisher in 577 dezentralen Waffenbehörden bei Kommunen und Ländern erfolgt. Jede Behörde führt und archiviert die Informationen und Daten nach ihrem eigenen System, es gibt weder eine Vernetzung der Behörden untereinander noch eine einheitliche Bezeichnung der unzähligen Waffentypen und Kaliber. Diesen Zustand soll nun das nationale Waffenregister ändern, in dem bundesweit Schußwaffen, deren Erwerb und Besitz der Erlaubnis bedürfen, sowie Daten von Erwerbern, Besitzern und Überlassern dieser Schußwaffen elektronisch auswertbar zu erfassen und auf aktuellem Stand zu halten sind.

Die Einführung des elektronischen Waffenregisters ist ausschließlich eine Modernisierung des Waffenverwaltungssystems. Sie ist nicht, wie Politiker das gerne darstellen, ein Mittel zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit. Denn alle Statistiken und kriminologischen Untersuchungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, daß registrierte Waffen und deren Besitzer bei schweren Gewaltverbrechen kaum eine Rolle spielen. Und wenn doch ein Mißbrauchsfall mit einer solchen Waffe begangen wurde – und sei es das schreckliche Schulmassaker eines einzelnen –, dann handelte es sich in der Regel um eine entwendete Waffe. Oder es handelt sich um eine Beziehungstat, ein Delikttyp, der dadurch gekennzeichnet ist, daß er unabhängig vom Vorhandensein eines bestimmten Tatmittels stattfindet.

Bei den Besitzern der legalen Waffen und deren Verbänden scheint man sich mit der Einführung des nationalen Waffenregisters abgefunden zu haben. Kritik kommt vor allem von Sammlern, die oftmals über sehr hochwertige Sammlungen verfügen und daher fürchten, mit Hilfe von Hackern identifiziert und so Ziel organisierter Banden werden zu können.

Deutlich spürbar ist aber ein gutes Maß an Mißtrauen gegenüber dem Staat. Sportschützen, Jäger und Waffensammler sind ganz überwiegend traditionsbewußte, bodenständige, wertkonservative Bürger, die von vielen tonangebenden Politikern und Medien bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Fadenkreuz genommen werden. Und daß von diesem Zeitgeist durchdrungene Behörden die Möglichkeiten des modernen, computergestützten Datenverwaltungssystems einst nicht mißbrauchen und gegen sie einsetzen, können sich viele der braven Waffenbesitzer nicht wirklich vorstellen.

 

Walter Schulz ist Herausgeber und Chefredakteur des Deutschen Waffen-Journals

www.dwj.de

Foto: Waffenschrank: Registrierte Waffen spielen bei schweren Gewaltverbrechen in Deutschland kaum eine Rolle

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