© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/11 / 16. Dezember 2011

Lockerungsübungen
Putin ist kein Partner
Karl Heinzen

Die von Wladimir Putin geführte Partei „Einiges Rußland“ ist aus den Duma-Wahlen erneut als Sieger hervorgegangen. Das Ziel des Ministerpräsidenten, das Parlament im Griff zu behalten, darf er damit als erreicht betrachten, zumal zwei der drei anderen Fraktionen ebenfalls dem Regierungslager zuzurechnen sind.

Ein weiteres Ziel, das Putin verfolgt haben dürfte, wurde jedoch trotz aller Bemühungen verfehlt. „Einiges Rußland“ hat mit 49,5 Prozent der Stimmen ein um 15 Prozent schlechteres Ergebnis als bei der vorangegangenen Wahl eingefahren. Dieser Einbruch wurde vom Kreml nicht bloß zugelassen, sondern offenkundig sogar intendiert, um dem Westen zu signalisieren, daß auch in der als autoritär gebrandmarkten russischen Demokratie ein von den Wünschen der Regierung abweichender Wählerwille zum Ausdruck gebracht werden kann. Der Adressat dieser Geste vermochte sie jedoch nicht zu honorieren, da sie seine eigentliche Interessenlage außer acht ließ.

Es gibt kaum ein Gebiet der internationalen Sicherheits- oder Wirtschaftspolitik, auf dem der Westen Moskau nicht als Quertreiber oder Widersacher erlebt. Diese mißliche Lage ähnelt jener des Kalten Krieges, und daher ist es naheliegend, die Legitimität der Gegenseite in vergleichbarer und bewährter Weise zu verneinen. Solange sich Rußland ihm nicht endlich beugt, ist es dem Westen verwehrt, die dortige Demokratie als eine solche anzuerkennen. Daher kann er auch diesmal nicht anders, als den Kreml einer Wahlmanipulation zu bezichtigen, selbst wenn diese nur darin bestanden haben sollte, den Stimmanteil der Regierungspartei unter die 50-Prozent-Marke zu drücken.

Dieses Dilemma müßte Putin eigentlich kennen. Er wurde in der sowjetischen Zeit sozialisiert und sollte somit ideologisch unverblendet um den Wesenskern der europäischen und nordamerikanischen Demokratien wissen. Diese akzeptieren als ebenbürtig nur, wer sich in ihre Hemisphäre einfügt. Dazu ist Rußland noch zu stark. Sie dulden aber als Partner jene Länder, deren Eliten in ihrem Interesse gegen die Bevölkerung regieren. Dafür hat das Rußland unter Jelzin ein gutes Beispiel abgegeben. Wenn Putin wirklich ein gutes Auskommen mit dem Westen will, muß er daher begreifen, daß er selbst es ist, der mit dem von ihm eingeschlagenen Sonderweg einem solchen entgegensteht.

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