© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/11 / 16. Dezember 2011

Die wahre Hollywood-Geschichte
Obwohl die Amerikaner ziemlich konservativ sind, sind ihre Fernsehserien eher links – warum eigentlich?
Ronald Gläser

Es gibt kaum eine „Law-and-Order“-Folge (RTL, RTL2, Vox), in der ein Schwarzer einen Weißen aus Habgier oder anderen niederen Beweggründen tötet. Umgekehrt dagegen schon. Und nebenbei werden in dieser ansonsten brillanten Krimiserie immer wieder kleine Szenen mit politischer Aussage, aber ohne Zusammenhang mit dem Fall eingefügt: vom Cop, der fröhlich von seiner Gewerkschaftszugehörigkeit berichtet, oder der attraktiven Staatsanwältin, die von ihrem unfreundlich-reaktionären Chef entlassen wird, nur weil sie lesbisch ist.

Solche Szenen stehen nicht zufällig im Drehbuch. Amerikanische Fernsehserien sind noch politischer als deutsche. „Law and Order“ ist ein vergleichsweise harmloser Fall. Manche Sendungen wie „Friends“, „Roseanne“ oder „Sex and the City“ transportieren gezielt ein linkes Weltbild.

Kein Wunder, denn die Traumfabrik Hollywood ist ein ziemlich rotes Pflaster. Der Kolumnist Ben Shapiro legt mit seinem Buch „Primetime Propaganda“ den Finger in die Wunde. Er fragt sich, warum ausgerechnet die größten Profiteure des Kapitalismus, die Riesengagen kassieren und den Ruhm der Welt ernten, solche Gegner dieses Systems sein können.

Seine Vermutung: Gerade weil der Erfolg eines Künstlers im Showgeschäft eher vom Zufall abhängt als von den in jahrelanger Arbeit mühsam erworbenen handwerklichen Fähigkeiten beispielsweise eines Bäckermeisters oder Fliesenlegers, befürworten sie die Bestrafung der Erfolgsverwöhnten und das Belohnen der Versager durch den modernen Wohlfahrtsstaat.

Shapiro nennt Roß und Reiter. Er hat die wichtigsten US-Fernsehserien, von denen viele auch in Deutschland gezeigt wurden oder werden, auf ihren Linksdrall untersucht: von „Desperate Housewives“ über die „Simpsons“ bis zu „General Hospital“. Und nicht nur die Inhalte. Mit vielen der Drehbuchautoren hat Shapiro Gespräche geführt.

Die meisten haben mit herzerfrischender Ehrlichkeit zugegeben, daß sie gezielt bestimmte Themen lancieren. Insbesondere Homosexualität – für konservative Christen in den USA ein Dauer-Aufregerthema – werde in Drehbücher hineingeschrieben. Andere wiederkehrende Stilelemente seien die Verkehrung der Täter-Opfer-Rolle zwischen Weißen und Schwarzen, Umweltthemen und Feminismus. Besonders „Mary Tyler Moore“ (MTM), eine Serie aus den siebziger Jahren, hat es Shapiro angetan: Er schildert MTM als den Nucleus eines immer wieder auftauchenden Motivs: der modernen Frau über dreißig, die beruflich erfolgreich ist und ohne Mann und Kinder auskommt. Dieses Frauenbild werde seitdem immer wieder propagiert, um die Familie zu zerstören.

Shapiro überzieht ein wenig in seiner Kritik, und er ist bemüht, das Verhalten Hollywoods rational zu begründen. Das deutsche Wort „Zeitgeist“ benutzt er ein paarmal, aber er mißt ihm wohl nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Er argumentiert statt dessen, daß der Fernseh-Markt nicht richtig funktioniere, daß die Hollywood-Mächtigen mit Lobbygruppen und der Regierung unter einer Decke stecken und vor allem, daß Konservative gezielt ausgegrenzt würden.

Der gerade mal 27jährige Bestsellerautor (Gage pro Vortrag 5.000 Dollar) hat das selbst erlebt, und die rabiate Intoleranz linker Hollywood-Produzenten hat wohl dazu beigetragen, daß dieses Buch überhaupt geschrieben wurde: Ein Drehbuch, das er verfaßt hatte, wurde abgelehnt mit der Begründung, seine politische Einstellung passe nicht zur Fernsehproduktion, um die es ging. Die Serie war zwar völlig unpolitisch, aber konservativer Republikaner zu sein – das gehe nun mal nicht in „Tinseltown“.

Und schon gar nicht, wenn jemand Berufsanfänger ist. Etablierte Schauspieler, Regisseure, Produzenten wagen sich manchmal aus der Deckung. Shapiro hat einige zu ausführlichen Interviews getroffen, die die Grundlage seiner Expertise bilden.

Einer der bekanntesten Hollywood-Insider ist Don Bellisario („Jag“, „NCIS“). Er gilt als vergleichsweise rechts in Hollywood. Wenn seine Militärsaga „Jag – im Namen der Ehre“ lief, haben die Berater von George Bush immer gerne Wahlkampfspots geschaltet, weil sie wußten, daß ein konservatives Publikum zuschaut. Bellisario nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er über seine Branchenkollegen spricht: „Hollywood ist sehr liberal, sehr links. Es war schon immer so.“

Shapiro ist zuversichtlich, daß das Internet die Macht Hollywoods langfristig brechen wird. Was auf dem Zeitungsmarkt geschieht, wird auch an den elektronischen Medien nicht spurlos vorübergehen. „Das Internet ist Prometheus – es hat den Fernsehgöttern das Feuer geklaut und es den Menschen gebracht“, schreibt er. Der jüngste Erfolg des TV-Moderators Glenn Beck und seiner eigenen Internetsendung gibt ihm recht. Beck hat bereits eine eigene Kindersendung und plant nun auch eine konservative Zeichentrickserie, die in direkter Konkurrenz zu linken Kindersendungen im Zeitgeistfernsehen wie den Muppets laufen wird (siehe Infokasten unten).

Am Ende seines Buches präsentiert Jungautor Shapiro eine Liste der seiner Meinung nach besten US-Fernsehserien – darunter „Lost“, „Texas Ranger“, „South Park“, „Everybody loves Raymond“, „Die Waltons“, die „Cosby-Show“ und „24“. Letzere Serie kam auf Platz eins.

Die „Cosby-Show“ aus den achtzigerer Jahren ist ein gutes Beispiel für Hollywood. Wenn sich ein Produzent einmal durchringt, eine normale Familie mit einem zurechnungsfähigen, dominanten und dennoch liebenswerten Vater an der Spitze zu zeigen, dann kann es keine weiße, sondern es muß eine Minderheitenfamilie sein. Shapiro wundert sich darüber nicht, seit er herausgefunden hat: „In Hollywood sind sogar die Konservativen noch irgendwie links.“

Ben Shapiro. Primetime Propaganda – The True Hollywood Story of How The Left Took Over Your TV, Broadside Book, 416 Seiten, 2011, 14,99 US-Dollar

http://benjaminshapiro.com

 

Kermit gegen den Ölmagnaten

Im neuen Film „Die Muppets“ (Kinostart: 19. Januar) wird ein gängiges linkes Feindbild wiederbelebt und in die Kinderzimmer getragen: der texanische Ölbaron. Hauptfigur ist ein Tex Richmann, der sich das Studio der Muppets aneignen will, um darunter nach Erdöl zu bohren. Hollywood hat in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Filmen produziert, in denen die Ölbranche verteufelt wird, zum Beispiel „Syriana“ und „There will be blood“. (rg)

Foto: Fernsehserien aus Hollywood: Ob „Law and Order“, „Friends“ oder „Sex and the City“ – unterschwellig wird immer ein bestimmtes Weltbild mitgeliefert

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