© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Frisch gepresst

Liliencron. Im Plagiatsjahr 2011 ein Sachbuch ohne Quellen- und Literaturverzeichnis, ohne Fußnoten zu veröffentlichen, muß Verdacht erregen. Der Journalist Erich Maletzke, der sich als Altenteiler der fleißigen Produktion von Biographien widmet, ist das Wagnis mit seinem Portrait des holsteinischen Dichters Detlev von Liliencron (1844–1909) gleichwohl eingegangen. Mit dem Resultat, daß sein Werk auch für literaturhistorische Laien als Kompilation, als Collage älterer Liliencron-Biographik, vor allem als kräftige Anleihe bei der fast 600 Seiten benötigenden Arbeit des Schriftsteller-Freundes Heinrich Spiero von 1913 erkennbar ist. Solche Vorlagen bereitet Maletzke mit lockerer Hand und wenigen eigenen Zutatten in seinem von einfachen, kurzen Sätzen geprägten Text journalistisch auf. Für den Germanisten nicht weiter belangvoll, vermittelt das Büchlein doch eine erste Bekanntschaft mit dem Wein, Weib und Gesang recht zugetanen „Schuldenbaron“, die das Interesse auf seine Erzählungen und Gedichte weckt. (jr)

Erich Maletzke: Detlev von Liliencron. Poet und Schuldenbaron. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, gebunden, 284 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro

 

Ruhrkessel. Für Propagandaminister Joseph Goebbels war es eine schmerzliche Ehrenkränkung, im Herbst 1944 im Tagebuch notieren zu müssen, daß gerade seine rheinische Heimat die angelsächsischen Eroberer mit weißen Laken empfing, während gleichzeitig im östlichen Ostpreußen Wehrmacht und Volkssturm jeden Weiler mit dem eingeforderten „Fanatismus“ gegen die Rote Armee verteidigten. Daß nach erstem Vorfühlen in den Raum Aachen der Weg ins Reich für die Westalliierten kein Spaziergang geworden ist, vergegenwärtigt Wingolf Scherers reichhaltige Dokumentation von Erinnerungsberichten aus dem Frühjahr 1945, als zwischen Sieg und Ruhr um das nur noch schwach schlagende industrielle Herz Deutschlands gefochten wurde. Obwohl nur von ausgedünnten deutschen Einheiten geschützt, benötigten die haushoch überlegenen „Befreier“, die sich schlimme, von Scherer nicht vergessene Kriegsverbrechen zuschulden kommen ließen, Wochen, um den „Ruhrkessel“ Ende April 1945 zur Kapitulation zu zwingen. Eine sorgfältigere Lektorierung hätte dem Text, der zahlreiche Schreibfehler enthält, wohlgetan. (ob)

Wingolf Scherer: Endkampf im Ruhrkessel März/April 1945. Untergang der Heeresgruppe B. Zeitzeugenberichte. Helios Verlag, Aachen 2011, 127 Seiten, Abbildungen, 22,50 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen