© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Ich pöble, also bin ich
Umwelt
Patriotisch, ökologisch
Volker König

Das Atommüllager Gorleben wird vorerst nicht weiter ausgebaut. Es soll eine neue Standortdebatte geben, da nun bundesweit Alternativen für die Endlagerung der strahlenden AKW-Hinterlassenschaften erkundet werden. Doch trotz der Einigung zwischen dem Bund und Nieder­sachsen wird die Atomdebatte bei den Landtagswahlen 2013 eine Renaissance erleben. CDU-Ministerpräsident David McAllister sendet daher bereits jetzt atomkritische Signale – etwa wenn er auf dem Erkundungsstopp 2013 in Gorleben beharrt. Zudem ticken weitere atompolitische Zeitbomben wie die dringende Sanierung des mit über 126.000 radioaktiven Fässern vollgestopften und vom Einsturz bedrohten Atommüllagers im Salzschacht Asse bei Wolfenbüttel. Über Asse II gab es bereits Hauskrach zwischen Bundesumweltminister Norbert Röttgen und dem braunschweigischen CDU-Landesverbandschef Frank Oesterhelweg. Und Fukushima offenbarte jedem nicht nur die ökologischen, sondern auch die handfesten ökonomischen Risiken der Atomkraftnutzung.

Denn es ist ein Märchen, daß Atomstrom billig ist. Wie heute der Sonnen- und Windstrom wurde auch die Kernkraft massiv staatlich gehätschelt. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung flossen bislang 40 Milliarden Euro in die deutsche Atomkraft. Ohne die Hilfe und Haftung des Steuerzahlers würde eine Kilowattstunde Atomstrom sogar ein Mehrfaches der Solarstunde kosten. Für die CDU, die sich lange blindlings auf Gorleben festgelegt hatte, wird die Umweltpolitik in Niedersachsen wohl eine der Schicksalsfragen, die auch weite Teile der wertkonservativen Wähler bewegt. Sicher, auf den Castor/Gorleben-Demos fand sich auch der linke Gewaltpöbel. Aber diese aus Großstädten angekarrten Gestalten sind nur eine Karikatur der echten Demonstranten, die zu Tausenden gegen das Atomlager auf die Straße gingen. Ihr Protest ist bodenständiger Natur, es ist die Sorge um die Heimat, die die sonst eher bedächtigen Heidjer und Wendländer auf die Straße treibt. Gibt es etwas Konservativeres? Die Union wäre gut beraten, dies zu erkennen und sich in der Atompolitik patriotisch und damit ökologisch zu positionieren. von „Hart aber fair“ gingen rasch und kommentarlos darüber hinweg.

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