© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Aufgeschnappt
Aufs Erscheinungsbild fixiert
Matthias Bäkermann

Wenn ein Mensch wegen seines Äußeren oder seiner Hautfarbe beurteilt wird, führt das nicht selten zu Fehlurteilen. So erging es zuletzt der Hauptstadtkampagne „be Berlin“, die seit einigen Jahren am „weltoffenen“ Image der Spreemetropole schraubt und deshalb auf Plakaten gezielt „bunte“ Gesichter präsentiert. Jener kam Christopher Benjamin O. gerade recht – dunkelhäutig und als Modedesigner zudem noch ein junger Kreativer. Doch jetzt sitzt der Image-Botschafter als mutmaßlich „grinsender Sextäter“ (Bild) in Haft. „Der Mann, für den sich Berlin schämt“ (B.Z.), soll eine 65jährige U-Bahnreisende brutal vergewaltigt haben.

Indes ist auch in Hamburg ein ähnliches Projekt gescheitert. In einer stadtweiten Plakataktion warb die Polizei mit einem unrasierten Südländer um Nachwuchs („Gesucht! Polizeinachwuchs“), daneben derselbe lächelnde Gesicht mit Polizeimütze („Gefunden! Mehr als nur ein Job“). Allerdings wurde gegen das männlichen Model inzwischen von seiner Bekannten Anzeige wegen Bargeld-Diebstahls erstattet. „Es steht Aussage gegen Aussage“, wiegelt Polizeisprecher Mirko Streber letzten Samstag in der Hamburger Morgenpost ab, „wir haben uns aber trotzdem entschieden, die Plakate zurückzuziehen.“ Wie hoch nun die Mehrkosten dieser 50.000-Euro-Werbekampagne sind, ist genausowenig bezifferbar wie der Imageschaden aufgrund beabsichtigter Äußerlichkeiten.

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