© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/12 13. Januar 2012

Grüße aus Santiago de Cuba
Warten auf das Wunder
Alessandra Garcia

Das große Wunder ist ausgeblieben, die Feierlichkeiten zum 63. Jahrestages des Sieges der Rebellen um Fidel Castro am 1. Januar sind vorbei. Dabei hatten Millionen Kubaner wie gebannt vor den Fernsehern gesessen. Präsident Rául Castro sprach vor der Nationalversammlung. Und die künftige Migrationspolitik war eines der Themen. Mehr wußte bereits der Buschfunk: Endlich sollte die erhoffte Reform des Reiserechts verkündet werden. Sollte es wirklich wahr werden, daß wir das Land verlassen können, ohne erst eine staatliche Genehmigung einzuholen?

Aber der Präsident bekundete letztlich nur seinen Willen, das Reiserecht zu reformieren. Aber die notwendigen Änderungen müßten schrittweise durchgeführt werden. Schließlich, so Castro, sei die Thematik komplex, und jeder Schritt müsse aufgrund seiner positiven und negativen Auswirkungen sorgfältig bewertet werden.

Die Regierung hat schlicht und einfach Angst, daß das Volk die Koffer packt und geht. Schließlich hat fast jeder einen Verwandten unter den etwa zwei Millionen Exilkubanern. Einen kleinen Vorgeschmack gab es bereits, als Zehntausende zwischen 2008 und 2011 bei der Botschaft Spaniens einen Paß beantragten. Denn bis Ende 2011 galt das „Gesetz der Enkel“, nach dem Nachfahren von Spaniern, die während der Franco-Diktatur geflüchtet waren, zusätzlich zu ihrem jetzigen auch einen spanischen Paß erhalten.

Nicht nur die USA, auch Europa ist an gut ausgebildeten jungen Spezialisten interessiert. Aus diesem Grund gibt es in Kuba ganze Berufsgruppen wie Ärzte und medizinisches Personal, die nicht ins Ausland gehen dürfen, wenn sie dort ihren Ehepartner oder ihre Kinder haben.

Andererseits ist die Reisefreiheit tatsächlich eine komplizierte Sache. Denn es ist gar nicht so einfach, Kuba zu verlassen, selbst wenn der eigene Staat zustimmt. Die USA und Europa sind nur großzügig bei der Erteilung von Visa, wenn es um „Dissidenten“ geht. In allen anderen Fällen haben die ausländischen Regierungen finanzielle Hürden aufgebaut, die für einen normalen Kubaner nicht zu bewältigen sind. Castros Bürokratie verlangt drei durchschnittliche Monatsgehälter für einen Reisepaß.

Sollte das Regime uns aber dennoch zum ersten Mal seit 1959 wieder frei reisen lassen, werden wohl die USA ihre Blockade gegenüber Kuba neu überdenken müssen. Und von Havanna nach Florida ist es nicht weit.