© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/12 20. Januar 2012

Ratingagenturen werten europäische Staaten ab
Schlimm, aber wohlverdient
Klaus Peter Krause

Bonitätsprüfer, heute nur „Ratingagenturen“ genannt, sind nicht dafür da, jedermanns Liebling zu sein. Sie sollen fachkundig, urteilsfähig, unbestechlich und streng sein; sonst wäre ihre Arbeit nichts wert, sonst verlören sie Ruf und Geschäft. Vergeben sie nach diesem Maßstab die beste Note, freut sich der Geprüfte und wirbt damit.

Auch die verschuldeten Euro-Staaten haben das getan und die Prüfer damit als solche anerkannt und ernst genommen. Aber kaum hat ihnen nur ein einziger die Bestnote entzogen, reagiert man ungehalten, zürnt, unterstellt unlautere Motive: Als Überbringer schlechter Botschaften sind sie nicht wohlgelitten.

Staatenlenker reagieren dann rabiat. Typisch dafür ist der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er sieht „dringenden Handlungsbedarf“, aber nicht gegen die Überschuldung, sondern gegen die Prüfer. Wenn die Botschaft nicht paßt, läßt man den Unmut am Boten aus. Wohl sind Bonitätsprüfer nicht über alle Zweifel erhaben, aber dies haben sie nicht verdient.

Die Herabstufung kommt nicht aus heiterem Himmel und ist schlimmerweise „wohlverdient“. Das Naheliegende hörte man von Schäuble (und anderen) nicht: Geboten ist, die Staatshaushalte zu sanieren und gegen die Überschuldung vorzugehen. Dann stimmen auch wieder die „Ratings“.

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