© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/12 20. Januar 2012

Die Rückkehr einer großen Goldmarke
Unternehmen: Die neu gegründete Degussa setzt auf steigendes Interesse an Edelmetallen in Deutschland
Bruno Bandulet

Seit zehn Jahren steigt der Goldpreis gegen sämtliche Papierwährungen – in Dollar und Euro gerechnet hat er sich etwa vervierfacht. Die Edelmetalle wurden längst als eigenständige Anlageklasse wiederentdeckt. Auch 2011 war angesichts der Euro- und Finanzkrise ein lukratives Goldjahr – trotz des Einbruchs seit dem Höchststand vom September (1.920 Dollar). Vorige Woche mußten weniger als 1.650 Dollar (1.280 Euro) pro Unze bezahlt werden. Und doch vernachlässigen die Banken den Goldhandel.

In den siebziger Jahren, zu Zeiten der damaligen Edelmetall-Hausse, konnte man noch in jede bessere Bank oder Sparkasse spazieren und sich mit Krügerrand, der damals beliebtesten Goldmünze, eindecken. Heute sind Geldinstitute, die Barren und Münzen vorrätig haben und diese unbürokratisch und ohne Papierkrieg verkaufen, die große Ausnahme. Die Banken machen ihr Geschäft lieber mit Zertifikaten, weil sie daran mehr verdienen.

Eine Marktlücke also, in die bankenunabhängige Goldhändler stoßen, zuletzt die neu gegründete Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH, die zum Firmenimperium des in der Schweiz lebenden Großinvestors August von Finck gehört. Im vergangenen Jahr wurde das erste Ladengeschäft in bester Münchener Innenstadtlage unmittelbar neben dem Hotel Bayerischer Hof eröffnet. Inzwischen folgte auch ein Degussa-Internetportal, das Gold anbietet. In weiteren deutschen Großstädten sollen ebenfalls Filialen eröffnet werden.

Mit der neuen Degussa wird zugleich ein Stück deutscher Industriegeschichte fortgeschrieben. Die Anfänge reichen zurück bis in die Epoche des Hartgeldes und des Goldstandards im Kaiserreich – bis zur Frankfurter Scheideanstalt von 1843 und bis zur Gründung der „Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Roessler“ im Jahr 1873.

Im Jahre 2003 wurde dann aber das Edelmetall-Geschäft der Degussa von der belgischen Umicore übernommen. 2007 folgte das Degussa-Hauptgeschäft, die Chemie-Sparte, sie wurde in den Evonik-Konzern eingegliedert. Anfang 2006 stellten die Belgier die Herstellung der Degussa-Goldbarren ein. Jetzt sind sie in den gängigen Gewichten von einem Gramm bis zu einem Kilogramm wieder erhältlich, nachdem die Rechte am Markennamen Degussa und am Unternehmenslogo „Sonne und Mond“ von der neuen Firma übernommen wurden.

Noch vor den Umicore- und Heraeus-Barren genießt die traditionelle Marke Degussa nach wie vor den höchsten Bekanntheitsgrad in Deutschland. Als Geschäftsführer mit Sitz in Frankfurt konnte Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, der frühere Chef des Edelmetallhandels der Dresdner Bank und zuletzt bei Heraeus, gewonnen werden. Wrzesniok-Roßbach traut sich zu, jederzeit liefern zu können. Bei anderen, kapitalschwächeren Firmen waren Goldmünzen und Barren in den Krisenjahren seit 2008 zeitweise ausverkauft – bedingt durch eine zu knappe Lagerhaltung, die gerade bei Edelmetallen viel Geld bindet. Der potentielle Kunde muß sich dann nur noch zwischen Münzen und Barren entscheiden, wobei die Spanne zwischen An- und Verkauf bei den Ein-Kilogramm-Barren am engsten ist. Je geringer das Gewicht, desto stärker schlagen die Prägekosten zu Buche.

Allerdings kann in Deutschland nur bis zu einem Gegenwert von 15.000 Euro diskret und anonym gekauft werden – bei den meisten Banken nicht einmal unterhalb dieser Schwelle. Somit muß sich der Kunde bereits beim Erwerb eines 500-Gramm-Goldbarrens ausweisen. Insofern spricht manches für die ebenfalls mehrwertsteuerfreien Ein-Unzen-Anlagemünzen wie den südafrikanischen Krügerrand, der Wiener Philharmoniker oder den kanadischen Maple Leaf (eine Feinunze sind 31,1035 Gramm) oder für die 250-Gramm-Goldbarren. Nur wer verkauft, was selbstverständlich jederzeit möglich ist, muß aus steuerrechtlichen Gründen in jedem Fall Name und Anschrift hinterlassen.

Als Alternative zum physischen Gold galt lange Zeit das von einer Tochter der Deutschen Börse vertriebene Xetra-Gold, eine mit Gold hinterlegte Schuldverschreibung. Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium verfügt, daß Xetra-Gold unabhängig von der Haltedauer beim Verkauf der Abgeltungssteuer unterliegt. Dagegen sind Klagen betroffener Anleger anhängig, allerdings mit ungewissen Erfolgsaussichten. Der Kapitalgewinn aus der Veräußerung von echten Barren und Münzen hingegen bleibt nach Ablauf eines Jahres steuerfrei.

Oder doch lieber Silber als Gold? Beim weißen Metall lockt der optisch niedrige Preis, dafür ist der Silbermarkt volatiler und schwerer berechenbar. Seit 1980 war Silber mit Abstand das schlechtere Investment. Silber hat bisher nicht einmal den damaligen Spitzenpreis von 50 Dollar je Unze wieder erreicht. Außerdem schreckt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent ab, die auf Silberbarren erhoben wird. Auf australische Silbermünzen wie den Koala, der auch im Gewicht von einem Kilogramm angeboten wird, zahlt man nur sieben Prozent Steuer.

Es stimmt, daß die Edelmetalle nicht mehr spottbillig sind wie vor zehn Jahren. Gemessen an der Kaufkraft sind sie freilich noch keineswegs so überbewertet wie 1980. Aus der Erfahrung der siebziger Jahre ist bekannt, daß Gold und Silber trotz aller Preisschwankungen gefragt bleiben, solange die Zinsen nicht nachhaltig über der Inflationsrate liegen. Besonders Gold eignet sich als zuverlässige Absicherung gegen die anschwellenden Risiken des Finanz- und Währungssystems. Seit der Gründung der Degussa im 19. Jahrhundert sind nun schon vier deutsche Währungen gekommen und gegangen – Goldmark, Reichsmark, DDR-Mark und Deutsche Mark. Die fünfte, der Euro, steht gerade auf der Kippe. Die Zeiten änderten sich, Gold blieb.

Degussa Goldhandel-Portal im Internet: www.degussa-goldhandel.de

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes „Gold & Money Intelligence“. www.bandulet.de

Foto: Degussa-Goldbarren: Die Veräußerung von echten Barren und Münzen ist nach einem Jahr steuerfrei

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