© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Haltungsnote
Schweizer Migrationsrealo
Christian Schwiesselmann

Die gute Nachricht: Es gibt Grüne, die nicht grün hinter den Ohren sind, in ihrem linksliberalen Wolkenkuckucksheim bis zum 50. Geburtstag Hanfzigaretten rauchen und der friedvollen Eine-Welt-Utopie nachsinnen. Die schlechte Nachricht: Einzelexemplare dieser seltenen Gattung leben vielleicht nur in der Schweiz, der Heimat von Thomas Kessler.

Der 1959 gebürtige Cannabisforscher, der für die Grüne Partei bis 1991 im Zürcher Kantonsrat saß, spricht heute als Leiter der Basler Kantons- und Stadtentwicklung Klartext. Mehr als 90 Prozent der Asylsuchenden in der gegenwärtigen Einwanderungswelle seien Abenteuermigranten. „Sie suchen im Gegensatz zu Arbeitssuchenden nicht klassische Lohnarbeit, sondern Gelegenheiten für Obdach, Essen, Geld, Party mit Alkohol und Frauen“, ist sich der Agronom sicher. Diese uralten Motive junger Männer seien aus der Geschichte bestens bekannt.

Was einem Rechten als Stammtischparole, Stereotype oder Vorurteil ausgelegt worden wäre, basiert bei dem „Migrationsspezialisten“ Kessler laut der Schweizer Tageszeitung Blick auf Gesprächen mit Verantwortlichen der Grenzwache, von Asylberatungsstellen bis zum Arbeiterhilfswerk und dem Bundesamt für Migration.

Die Abenteuermigranten stammten vor allem aus Tunesien und anderen nordafrikanischen Ländern, weiß der ehemalige Drogen- und Integrationsbeauftragte Basels zu berichten. „Von den europäischen Touristen haben sie das Bild eines reichen und freizügigen Kontinents; sie drehen mit ihren Ansprüchen quasi das Bild um und wollen hier die Vorzüge Europas genießen“, doziert Kessler mit beinahe menschenverachtendem Fotorealismus. Kessler plädiert übrigens für Sanktionen bei nicht integrationswilligen Ausländern. Man müßte Claudia Roth also auf Bildungsreise nach Basel schicken. von „Hart aber fair“ gingen rasch und kommentarlos darüber hinweg.

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