© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/12 03. Februar 2012

„Gezielte Verleumdungen“
Österreich: Trotz heftiger Kritik war der Wiener Korporationsball ein Erfolg / FPÖ-Chef Strache am Pranger
Curd-Torsten Weick

Nazis verpißt euch, keiner vermißt euch!“ skandierten die Clownsgesichter auf dem Wiener Heldenplatz. „Gegen Burschis, Österreich und ihre Fans“, verkündeten die vermummten Aktivisten von „No WKR“, während die „Offensive gegen Rechts“ bereits begonnen hatte, Blockaden zu errichten.

Seit Wochen stand der Ball des Wiener Korporationsringes (WKR), der seit Jahren am letzten Freitag im Januar in der Hofburg stattfindet, in den Schlagzeilen. Doch nicht nur das „unerträgliche“ Fest einer „rechtsextrem durchsetzten Vereinigung“, so der Sprecher von SOS Mitmensch, Alexander Pollak, im November, sei ein Skandal, sondern auch der Umstand, daß der Ball „auch noch am Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz stattfinden soll“, käme „einerVerhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus gleich“.

Es folgte die Meldung der Hofburgbetreiber, dem WKR ab 2013 keine Räume mehr zur Verfügung zu stellen (JF 50/11). Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sprang bei und erließ ein Uniformverbot für den Ball, während die Unesco den „Wiener Ball“ und damit den WKR-Ball aus dem Kulturerbe-Verzeichnis strich. Zudem veranstaltete das rot-grüne „Jetzt Zeichen setzen!“-Bündnis eine „Gedenk- und Aktionswoche gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus“, und die SPÖ plakatierte „Kein Fußbreit dem Faschismus“.

Quintessenz der Aktivitäten: Der Ball am vergangenen Freitag wurde knapp eine Stunde später eröffnet, hatte aber mit 3.000 Gästen, unter ihnen die Chefin des Front National Marine Le Pen, Kent Ekeroth (Schwedendemokraten) sowie Philip Claeys vom Vlaams Belang, so viele Besucher „wie schon jahrelang nicht“, schwärmte Organisator Udo Guggenbichler. „Wir haben heute ein wundervolles kulturelles Fest, das wir uns nicht nehmen lassen“, erklärte dann auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in seiner Eröffnungsrede und kritisierte die Gewalt – Ballbesucher wurden bedrängt, bespuckt, tätlich angegriffen und ein Brandanschlag auf ein Verbindungshaus verübt – sowie die „Diffamierung“, die nahezu alles überboten hätte, was bisher dagewesen sei.

Kaum waren jedoch die letzten Ballbesucher zu Hause, sorgte schon der nächste Skandal für Schlagzeilen. Strache, so der Standard, habe gegenüber einigen Ballgästen erklärt: „Wir sind die neuen Juden“, zudem seien die Angriffe auf Burschenschafterhäuser „wie die Reichskristallnacht gewesen“. Empört wiesen Politiker von ÖVP, SPÖ, Grünen und BZÖ die Aussagen zurück.

Parallel dazu kündigte die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) am Montag an, eine Strafanzeige gegen Strache wegen der „Relativierung des Holocaust“ stellen zu wollen. Die Aussagen des FPÖ-Politikers stellten eine „ungeheuerliche Provokation“ dar. Dagegen sprach Strache via Facebook von „bewußten Verdrehungen“. Außer „gezielten Verleumdungen und Manipulationen“ falle den Gegnern der FPÖ „offenbar wirklich nichts mehr sachlich ein!“

Foto: Eröffnung des WKR-Balles in der Hofburg und Anti-WKR Protest: „Ein Fest, das wir uns nicht nehmen lassen“

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