© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/12 03. Februar 2012

Schmittscher „Realismus“ und die „Obsession allemande“
Universalistische Illusionen
(wm)

Der Name Carl Schmitts fällt an keiner Stelle des völkerrechtshistorischen Überblicks von Bardo Fassbender (Die öffentliche Verwaltung, 2-1012). Dabei hätte der an der Münchener Universität der Bundeswehr lehrende Staats- und Völkerrechtler seinem älteren Kollegen eigentlich einen Ehrenplatz in der ihm skizzierten „völkerrechtsskeptischen Denkschule“ reservieren müssen. Aber geschichtsvergessen reduziert er diese Richtung auf den „Realismus“ der US-Völkerrechtswissenschaft, den heute Eric A. Posener oder Jack L. Goldsmith artikulieren, die wie einst Schmitt im Völkerrecht nur ein machtpolitisches Instrument sehen, eine Maske, die sich Regierungen aufsetzen, um die Interessen ihrer Staaten zu verfolgen. Die durchgehend „völkerrechtsfreundliche“ bundesdeutsche Lehre hingegen, der auch Fassbender anhängt und die im Ausland als obsession allemande belächelt wird, erkennt der Münchener Dozent immerhin als Ausgeburt der Lage, in der sich die Bundesrepublik seit 1949 befand – als besiegter, in der UN-Charta geächteter „Feindstaat“. In den universalistischen Illusionen eines Ingolf Pernice (HU Berlin), Anwalt der Bundesregierung und Schüler des auf den EU-Superstaat versessenen Guttenberg-„Doktorvaters“ Peter Häberle (Bayreuth), spiegele sich daher auch die „Interdependenz von Rechtsordnung und geistiger Situation der Zeit“.

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