© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

„Falsch verstandene Anpassung an den Zeitgeist“
Meinungsfreiheit: Kritik an Schreibverbot für Pfarrer Oblinger reißt nicht ab
Felix Krautkrämer / Moritz Schwarz

Im Bistum Augsburg ist man derzeit um Harmonie bemüht. Die massive Kritik an dem vom Augsburger Bischof Konrad Zdarsa verhängten Schreibverbot für Pfarrer Georg Oblinger hatte die Verantwortlichen dann offenbar doch überrascht. Zdsarsa hatte dem Ichenhausener Stadtpfarrer Ende vergangenen Jahres untersagt, weiterhin für die JUNGE FREIHEIT zu schreiben (JF 5/12). Am Wochenende nun gab das Bistum bekannt, daß Oblinger zum 1. September an den Bodensee wechselt, um dort die Pfarrgemeinschaft Lindau-Insel zu übernehmen. Der Geistliche freue sich über die neue Aufgabe, hieß es, und bedauere, daß der Bischof durch das erteilte Schreibverbot „in die Kritik einiger Kreise geraten“ sei. „Es ist schade, daß in den vergangenen Wochen verschiedene Seiten versucht haben, einen Keil zwischen Bischof Zdarsa und mich zu treiben. An der Loyalität gegenüber meinem Bischof habe ich nie einen Zweifel aufkommen lassen“, ließ sich Oblinger zitieren. Dies sei ein zentraler Punkt gelebter Katholizität.

Doch die Vorgehensweise des Bischofs sorgt weiterhin für Kritik: Der katholische Philosoph Walter Hoeres forderte Zdarsa auf, das Schreibverbot um der Fairneß und Vernunft willen rückgängig zu machen. „Im Blick auf das Verbot, das gegenüber Pfarrer Oblinger ausgesprochen worden ist, stellt sich die Frage, ob die falsch verstandene Anpassung der katholischen Kirche an den Zeitgeist so weit geht, daß es in der Kirche nicht mehr erlaubt ist, konservative Positionen zu vertreten“, sagte Hoeres der JF. Der Mainzer Theologe und Kirchenrechtler Georg May riet dem Bischof, sich erst einmal kundig zu machen, um was für eine Zeitung es sich bei der JUNGEN FREIHEIT handele. Auch bedürfe es einer Begründung für das Verbot. Geistlichen sei die Mitarbeit in Zeitungen und Zeitschriften gestattet. Die Einschränkung dieser Freiheit sei nur für das Schreiben in religionsfeindlichen Blättern vorgesehen. Davon könne bei der JF jedoch keine Rede sein, sagte May.

Der emeritierte Augsburger Weihbischof Max Ziegelbauer sprach sich für eine Aufhebung des Schreibverbots aus. „Ich finde, Pfarrer Oblinger sollte wieder für die JUNGE FREIHEIT schreiben dürfen“, sagte Ziegelbauer. Er könne die ganze Angelegenheit nicht nachvollziehen und empfahl, den Sachverhalt unbefangen zu prüfen. Dann würde sich zeigen, daß in dem Fall über das Ziel hinausgeschossen worden sei.

Der Bischof erinnerte zudem daran, daß er der JF vor sechs Jahren selbst ein Interview gegeben hatte: „Wenn die gegen die JUNGE FREIHEIT vorgebrachten Vorwürfe zutreffen würden, hätte ich das nie getan. Aber sie stimmen nicht. Im Gegenteil: Die JF ist eine seriöse Zeitung.“ Kritisch äußerte sich auch der Vatikan-Korrespondent der Welt, Paul Badde: Seiner Ansicht nach sei der Augsburger Bischof in der Causa Oblinger ein Opfer schlechter Beratung geworden: „Was ich aus dem fernen Rom bislang zu dem Fall gehört habe, ist, daß Bischof Zdarsa eigentlich ein sehr guter Mann ist“, sagte der Journalist der JF. Doch auch ein Bischof könne sich nicht immer von allem selbst ein Bild machen, und Zdarsa habe es als Hirte eines schwierigen Bistums in dramatischer Zeit ohnehin schon schwer genug.

Mangelnde Beratung verbunden mit einer voreiligen falschen Entscheidung könne jederzeit und überall vorkommen, gab Badde zu bedenken und riet dazu, die Angelegenheit nicht zu sehr zu dramatisieren. Wichtig sei jetzt, „daß diese Fehlentscheidung so bald wie möglich eingestanden und ganz einfach korrigiert wird“. Dies sei für den Bischof von Augsburg zwar sicherlich nicht ganz einfach, dennoch sei ihm zu wünschen, daß er dafür den notwendigen Mut aufbringe.

Für den Trierer Theologen und Publizisten Wolfgang Ockenfels stellt sich unterdessen die Frage, ob Oblinger auch ein Schreibverbot erhalten hätte, wenn seine Texte in kirchenfeindlichen Organen wie dem Spiegel und der Zeit oder in Foren der „Kirche von unten“ erschienen wären. Die JUNGE FREIHEIT sei neben der Tagespost und dem Internetportal kath.net eines der wenigen Medien, die katholischen Positionen noch offen gegenüberstünden. Offenbar habe sich das politische Spektrum inzwischen so weit nach links verschoben, daß alles, was vormals als konservativ galt, nun als „rechts“ oder gar „rechtsextrem“ diffamiert werde, kritisierte Ockenfels.

Verständnis für die Entscheidung des Augsburger Bischofs kam dagegen vom ehemaligen Chefredakteur des 2011 eingestellten Rheinischen Merkur, Michael Rutz. Bei der Bonner Wochenzeitung habe es zu seiner Zeit einen Unvereinbarkeitsbeschluß gegeben, schrieb Rutz in der Zeit-Beilage „Christ & Welt“. Wer für die JUNGE FREIHEIT geschrieben habe, durfte nicht im Rheinischen Merkur publizieren. Und das sei auch gut so gewesen.

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