© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Münchens islamisches Herz
Bayern: Ein Imam plant in der Landeshauptstadt ein großes religiöses Zentrum
Hinrich Rohbohm

Das wäre doch Wahnsinn. Niemals würden wir da mitmachen, ausgeschlossen“, sagt ein langjähriges Münchner CSU-Mitglied. Seine Parteifreunde nicken. Nein, ein Zentrum des Islam in Europa, noch im Herzen von München, das sei ausgeschlossen. Doch was man sich an der christsozialen Basis nicht vorstellen kann, ist politisch längst auf den Weg gebracht worden.

Mit den Stimmen der CSU hatte der Münchner Stadtrat einen Unterstützungsbeschluß für ein „Zentrum für Islam in Europa München“ (Ziem) gefaßt. Sämtliche Fraktionen hatten einem Projekt zugestimmt, das es in diesem Ausmaß in Deutschland bisher noch nicht gegeben hat. Auf 6.000 Quadratmetern soll in der Innenstadt eine Islam-Akademie entstehen, an der Imame und islamische Religionslehrer ausgebildet werden. Dazu eine Moschee für 600 Gläubige sowie ein „Gemeindezentrum für Kultur und soziale Arbeit“.

Der Baubeginn ist noch für dieses Jahr vorgesehen. Ob tatsächlich am Stachus oder doch in der Nähe des Olympiageländes steht jedoch noch nicht fest. Das Projekt des islamischen Theologen Benjamin Idriz ist ins Stocken geraten. Nicht, weil sich die Politik querstellt, sondern lediglich deshalb, weil es derzeit noch an der Finanzierung hapert. Idriz, der seit 1995 als Imam in der islamischen Gemeinde Penzberg (IGP) wirkt und seit 2009 zudem als Ziem-Vorsitzender fungiert, benötigt für das Projekt 30 Millionen Euro. Geldgeber aus dem Emirat Schardscha sollen zwar bereitstehen. Dennoch scheinen die Mittel noch nicht auszureichen. Im Dezember vorigen Jahres soll Idriz auch am Rande der Konferenz „Allianz der Zivilisationen“ der Vereinten Nationen im Emirat Katar um Gelder geworben haben. Unter anderem war er dort auch mit dem inzwischen zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff zusammengetroffen. Wulff hatte Idriz für seine Arbeit gelobt, ihm gesagt, daß er dessen Buch „Grüß Gott, Herr Imam“ „zu Hause auf seinem Tisch liegen“ habe.

Idriz möchte mit dem Ziem einem „europäischen Islam“ ein Zuhause geben und dem Beten in Münchner Hinterhöfen ein Ende bereiten. Dabei wolle man sich uneingeschränkt zu europäischen Werten und dem Grundgesetz bekennen, versichert der 39jährige. An der Akademie solle als Hauptsprache Deutsch gesprochen werden, die Freitagsgebete sollen ebenfalls auf deutsch erfolgen. Aussagen, die in der Politik auf offene Ohren stoßen. „Aber bei den arabischen Geldgebern ist man davon wohl weniger angetan“, erklärt sich Michael Stürzenberger die zögerliche Haltung der potentiellen Geldgeber.

Stürzenberger ist einer der Hauptkritiker des geplanten Ziem. Der ehemalige Pressesprecher der Strauß-Tochter Monika Hohlmeier war aus der CSU ausgetreten, engagiert sich in der islamkritischen Partei „Die Freiheit“. Gemeinsam mit anderen will er ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen, um das Ziem-Vorhaben zu stoppen. Unterstützung erhofft sich Stürzenberger von der koptischen und der kroatischen Kirche. „Die sind bei der schleichenden Islamisierung unseres Landes viel hellhöriger“, sagt er. Auch die Pro-Bewegung sowie die Senioren-Union der CSU haben sich offen gegen das Islamzentrum ausgesprochen. An der CSU-Basis kann man sich keinen Reim auf das Abstimmungsverhalten ihrer Stadtratsfraktion machen kann. „Rot-grün hat im Stadtrat die Mehrheit, da hätten wir eh nichts ausrichten können. Wir haben mitgestimmt, damit wir bei den weiteren Planungen zum Ziem noch mitreden können“, sagt eine CSU-Funktionärin.

Vor zwei Jahren hatte die Münchner Politik bereits gegen die Stimmen der CSU grünes Licht für die Errichtung einer weiteren Großmoschee gegeben, die vom türkisch-islamischen Gemeindezentrum (Ditim) am Gotzinger Platz in Sendling betrieben werden soll. Während auch der Pfarrer der örtlichen St.-Korbinian-Kirche das Vorhaben befürwortete, regte sich bei den Sendlinger Bürgern massiver Widerstand. Nur weil Ditim nicht die nötigen Mittel auftreiben konnte, um das Grundstück von der Stadt zu erwerben, liegt der Moscheebau derzeit auf Eis. Doch in der Stadt halten sich Gerüchte, wonach Idriz nun mit der vom türkischen Staat kontrollierten Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) eine abgespeckte Ziem-Lösung auf dem noch nicht an die Stadt zurückübertragenen Gelände am Gotzinger Platz umsetzen könnte.

Idriz und die von ihm mit Hilfe der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs gegründete Gemeinde in Penzberg sind nicht unumstritten. Der Verfassungsschutz beobachtet die IGP bereits seit Jahren, da Idriz im Verdacht steht, Kontakte zu Extremisten zu pflegen. Abgehörte Telefonate zwischen Idriz und dem ebenfalls beobachteten und über gute Verbindungen zur extremistischen Muslimbruderschaft verfügenden Ibrahim El-Zayat würden dies belegen. In den abgehörten Telefonaten habe El-Zayat Idriz geraten, nach außen einen gemäßigten Eindruck zu hinterlassen. Auf seiner Internetseite behauptete Idriz, einen Magister in islamischer Theologie an der Al-Ouzai-Universität in Beirut erhalten zu haben. Eine Recherche von Report München hat jedoch ergeben, daß er lediglich im Studiengang eingeschrieben, das Studium aber „auf der ersten Stufe abgebrochen“ hatte.

„Ich stelle eine hohe Naivität fest – manche wollen nicht wahrhaben, was sich hier hinter den Kulissen abspielt“, hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor Idriz und den Ziem-Bestrebungen gewarnt.

Foto: Der Penzberger Imam Benjamin Idriz: Auch bei der CSU auf offene Ohren gestoßen

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