© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Märkische Unionschließt die Reihen
Brandenburg: SPD, Linke, FDP und Grüne greifen CDUChefin Ludwig für Gastbeitrag in der „JUNGEN FREIHEIT“ an
Felix Krautkrämer

Es war wohl eher ein symbolischer Akt, dennoch mutete der Vorgang seltsam an. Weil sich die brandenburgische CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig mit einem Beitrag in der JUNGEN FREIHEIT zum Berliner Kreis zu Wort gemeldet hatte (JF 8/12), kündigten ihr die beiden anderen Oppositionsfraktionen im Potsdamer Landtag die Zusammenarbeit auf. Ludwig versuche, „mit populistischen Aussagen Stimmen zu gewinnen“ und habe sich dafür „bewußt eines Mediums der Neuen Rechten bedient, um am rechten Rand zu fischen“, klagte FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. Solange die CDU-Chefin in dieser Angelegenheit kein klärendes Gespräch mit ihm führe, werde es keine gemeinsamen Anträge mehr geben, kündigte Büttner auf einer Pressekonferenz am Dienstag an.

Ähnlich äußerte sich Axel Vogel von den Grünen: Ludwig schwäche die Opposition im Landtag, „indem sie sich nach Rechtsaußen schlägt“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende. Für parteiübergreifende Initiativen mit der CDU sehe er nun „kein Land mehr“. Anlaß für den leicht theatralisch wirkenden aber letztlich folgenlos bleibenden Bruch war der in der vergangenen Woche in dieser Zeitung erschienene Debattenbeitrag „Wir sind basisliberal“. Darin hatte Ludwig die Union unter anderem aufgefordert, sich stärker um die früheren Wähler der FDP zu bemühen. Diese hätten nach dem Niedergang der Liberalen keine politische Heimat mehr. Die Union müsse daher die Rolle eines starken freiheitlichen Gegenpols übernehmen, um das Potential ehemaliger FDP-Wähler von elf Prozent nicht ohne Not zu verschenken.

FDP-Landeschef Gregor Beyer warf Ludwig daraufhin in einem Beitrag für die Potsdamer Neuesten Nachrichten vor, „den Rubikon brandenburgischer Verantwortungspolitik überschritten“ zu haben. Wer ausgerechnet in einer Zeitung, die ein „Sammelbecken für rechtspopulistische Forderungen“ sei, die Übernahme des Liberalismus ankündige, zeige, „daß er weder in Geschmacksfragen stilecht, noch inhaltlich kompetent ist“. Vielmehr verwechsle die CDU-Chefin Liberalismus mit Populismus. Ihr Spiel sei „brandgefährlich“, warnte Beyer.

Die Landesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, bezeichnete es als „absolut unverständlich“, daß sich Ludwig erneut in einer Wochenzeitung zu Wort melde, die als „Scharnier zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus“ gelte. Mit ihrem Versuch, am äußersten rechten Rand nach Wählerstimmen zu fischen, begehe die CDU-Politikerin zugleich den Tabubruch, die JUNGE FREIHEIT zu einem Medium des demokratischen Spektrums aufzuwerten.

Inhaltliche Kritik äußerte Baerbock an Ludwigs Haltung zur Euro-Rettung. Diese sei „geradezu populistisch“. Ludwig hatte sich in ihrem Beitrag gegen die Politik der „Alternativlosigkeit“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt und beklagt, „daß es in einer zentralen Frage wie den Milliarden-Rettungspaketen keine nennenswerten Unterschiede von der Linkspartei bis hin zu den Liberalen“ gebe. Dem widersprach die brandenburgische Grünen-Chefin energisch. Wer bei diesem Thema keine nennenswerten Unterschiede zwischen den einzelnen politischen Lagern sehe, müsse blind sein. Schließlich habe das Abstimmungsverhalten der Fraktionen von Zustimmung über Enthaltung bis zur Ablehnung gereicht.

SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher schloß als Reaktion auf den Beitrag eine Koalition nach der nächsten Landtagswahl mit einer von Ludwig geführten CDU aus. Dies halte er nicht für verantwortbar. Es gehe dabei allerdings nicht um die Partei, sondern um die Person Ludwigs. Zuvor hatte sich bereits der Koalitionspartner der SPD zu Wort gemeldet: Die Fraktionschefin der Linkspartei, Kerstin Kaiser, warnte im Neuen Deutschland, man müsse Ludwigs „ideologischen Erguß“ ernst nehmen. Allein die Wahl des Mediums zeige, daß Ludwig mit dem rechten Rand liebäugle.

In ihrer eigenen Partei erntete Ludwig Zustimmung für ihre Thesen. „Ich bin froh, daß wir so eine meinungsstarke Vorsitzende haben“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Jan Redmann der Märkischen Oderzeitung. Die brandenburgische CDU biete ein breites Meinungsspektrum. Er halte es zudem für klug, sich um die Wähler der FDP zu bemühen. Generalsekretär Dieter Dombrowski betonte, es sei nachrangig, was konkurrierende Parteien von der CDU hielten. Vielmehr komme es darauf an, wie die Bürger die Union beurteilten.

Ludwig selbst reagierte gelassen auf die Kritik von FDP und Grünen. Sie gehe davon aus, daß alle Beteiligten wieder zur sachlichen Arbeit zurückkehren, wenn sich der Ärger etwas gelegt habe, sagte Ludwig der JF. Allerdings hätte sie sich eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung gewünscht, ohne persönliche Betroffenheit. Schließlich gehe es um eine gesellschaftliche Debatte, die dieses Land dringend brauche.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen