© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Dauerwahlkampf zwischen den Meeren
Schleswig-Holstein: Parteien rüsten sich für Neuwahl
Hans-Joachim von Leesen

Nicht einmal zwei Jahre lang hat der schleswig-holsteinische Landtag wirken können, bereits am 6. Mai werden die Schleswig-Holsteiner erneut zur Wahlurne gerufen. Weil das Landeswahlgesetz, das der Wahl 2009 zugrunde lag, verfassungswidrig war, hatte das Landesverfassungsgericht die Landtagswahl für ungültig erklärt. Und tatsächlich hatten einige komplizierte und kaum durchschaubare Regelungen in dem Gesetz dazu geführt, daß CDU und FDP mit nur 744.950 Stimmen mehr Sitze erringen konnten als die anderen Parteien mit immerhin 772.445 Stimmen. So konnten CDU und FDP – wenn auch nur mit einer Stimme Mehrheit – eine Koalition bilden und Peter Harry Carstensen erneut zum Ministerpräsidenten wählen.

In den vergangenen zwei Jahren hat die schwarz-gelbe Koalition zwar in der Sache eine durchaus erfolgreiche Politik der Konsolidierung des bis über die Haarwurzeln verschuldeten Landes betrieben und die Nettoneuverschuldung mit dem Ziel, ab 2020 keine neue Schulden zu machen, deutlich reduziert, doch war das äußere Erscheinungsbild zeitweise jämmerlich und für die Bürger quälend. Nachdem Peter Harry Carstensen angekündigt hatte, er werde nicht noch einmal als Spitzenkandidat zur Verfügung stehen, und man in der CDU seinen Ziehsohn Christian von Boetticher auf den Schild gehoben hatte, wurden die Schleswig-Holsteiner im August 2011 mit der Meldung überrascht, daß der von allen Spitzenämtern zurücktrete, nachdem seine Liebesbeziehung zu einem 16jährigen Mädchen bekannt geworden war. Erstaunlich schnell fand die CDU Ersatz in dem Wirtschaftsminister Jost de Jager. Die Umfrageergebnisse der CDU von damals 31 Prozent auf nunmehr 35 Prozent, womit sie mit der SPD gleich aufliegt.

Die hat allerdings in den vergangenen knapp zwei Jahren einen gehörigen Sprung von 25 auf 35 Prozent nach vorn gemacht, nachdem ihre Mitglieder sich in einer Abstimmung mehrheitlich für den Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig anstelle des rabaukigen Landesvorsitzenden Ralf Stegner als Spitzenkandidaten ausgesprochen hatten. Albig sorgte in der vergangenen Woche für Schlagzeigen, als er in der Landeshauptstadt als Zeichen gegen den Rechtsextremismus 500 Schilder mit der Aufschrift „Kein Ort für Neonazis“ anbringen ließ.

Die SPD hat zudem den Vorteil, daß sie sich nach der Neuwahl ihren Koalitionspartner aussuchen kann, stehen doch die Grünen und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit, bereit. Die Linkspartei dagegen, derzeit mit sechs Abgeordneten im Landtag, dürfte nach jetzigem Stand an der Fünfprozenthürde scheitern. Aber auch eine Große Koalition scheint trotz aller gegenteiligen Beteuerungen möglich.

Auf deutschlandweites Interesse dürfte das Abschneiden der Piratenpartei stoßen, die zwar innerhalb kurzer Zeit über 600 Mitglieder im Lande gewinnen konnten, auf Fragen nach ihren Wahlzielen aber bislang nichts weiter zu antworten wußten, als kostenlose Bildung von der Krippe bis zum Studienplatz zu fordern. Auf die Frage nach der Finanzierung erfolgte ratloses Schweigen.

Ob es den von Hans-Olaf Henkel unterstützten Freien Wählern gelingt, die Fünfprozenthürde zu überspringen – sie sammeln zur Zeit fleißig Unterstützungsunterschriften und sind guten Mutes – und damit eine bürgerliche Mehrheit zu ermöglichen, ist noch völlig offen.

Wenn die SPD zur stärksten Partei werden sollte und so Anrecht auf das Amt des Ministerpräsidenten hätte, würde sie die Wähler mit weiteren Wohltaten für sich einnehmen wollen wie etwa mit zusätzlichen Lehrerstellen, die über das aufgrund der demographischen Entwicklung notwendige Maß hinausgingen, die zusammen mit anderen Forderungen den Landesetat aber mit Mehrkosten in Höhe von 300 Millionen Euro belasteten. Das würde bedeuten, daß die bisherige bedenkenlose Ausgabenpolitik fortgesetzt wird, die dem Land einen Schuldenberg von 24 Milliarden eingebracht hat, auf die alljährlich eine Milliarde Euro Zinsen zu zahlen sind. Dagegen laufen CDU und FDP Sturm, ohne zu wissen, ob die Masse der Wähler ihre Sparpolitik zu würdigen weiß.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen