© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Lockerungsübungen
Ehrensold für den Präsidenten
Karl Heinzen

Die Entscheidung des Bundespräsidialamtes, Christian Wulff mit einem Ehrensold zu bedenken, ist mutig und klug zugleich. Als mutig darf sie gelten, weil es heute eher unüblich geworden ist, daß sich Institutionen unseres Staates gegen eine von Medien angeheizte Bürgerwut positionieren. Man hat sich damit abgefunden, daß es der Bevölkerung an Respekt vor den politischen Eliten mangelt. Getragen von der Überheblichkeit, der wahre Souverän zu sein, lassen die Bürger ihren Gefühlen von Neid und Verachtung gegenüber denjenigen, die sie selbst als ihre Repräsentanten auserkoren haben, freien Lauf. Kaum ein Politiker wagt es noch, ihnen den Spiegel vorzuhalten, damit sie erkennen mögen, daß sie als desinteressierte, inkompetente und egoistische Individuen eigentlich besser den Mund halten sollten. Das Signal des Bundespräsidialamtes markiert hier zwar keine Trendwende. Es schützt aber den Rechtsstaat vor der Willkür schwankender Launen der Bürger.

Dieses Signal ist aber auch klug, weil es die Attraktivität des Bundespräsidentenberufes stärkt. Wer sich heute für dieses Amt interessiert, muß nach den Erfahrungen mit Köhler und Wulff davon ausgehen, daß er ins Visier von Kampagnen gerät, die ihn zum vorzeitigen Rücktritt zwingen. Die Frage nach der Versorgungssicherheit ist daher berechtigt. Für einen Bundespräsidenten, ob erfolgreich oder gescheitert, gibt es keine Rückkehr in den regulären Arbeitsmarkt. Selbst ein Christian Wulff mit seinen knapp über 50 Lebensjahren ist bis zum Ende seiner Tage zum Nichtstun verdammt, zumal ihm sein einst lukratives Geschäftsmodell, politische Einflußnahme gegen Gefälligkeiten einzutauschen, zerschlagen wurde.

Zu bedenken ist aber, daß der Präzedenzfall des Ehrensoldes für Wulff die Bereitschaft zukünftiger Bundespräsidenten erhöht, jegliche Kritik sogleich mit einem Rücktritt zu beantworten. Es ist daher davon auszugehen, daß eine Amtszeit über volle fünf Jahre die Ausnahme werden wird. Der Gesetzgeber wäre gut beraten, diesem Trend Rechnung zu tragen. Als Lösung bietet sich an, daß auf der Bundesversammlung nicht Einzelkandidaten, sondern Listen antreten. Bundespräsident wird der Bestplazierte der Liste, auf die die meisten Stimmen entfallen. Tritt der Amtsinhaber zurück, stünde mit dem Nachrücker ohne neue Wahl stets ein Ersatz bereit.

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