© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Den Testosteronwert erhöhen
Männer, keine Abziehbilder: Nach dem Siegeszug des Feminismus wenden sich Therapeuten und Trainer der verletzten Männerseele zu
Ansgar Lange

Männer verweichlichen und Frauen verhärten. Mit dieser These verdienen Therapeuten, die Workshops zum Thema „Mannsein“ sowie Männerseminare anbieten, ihr Geld. Ein willkürliches Beispiel: Der Heilpraktiker und Paartherapeut Bjørn Leimbach aus Dortmund will Männer ansprechen, die etwas riskieren wollen, die echte Abenteuer suchen und die sich neu definieren wollen.

Der Hardcore-Männertrainer mit markantem Kojak-Glatzkopf, der mit seinen Seminaren den Testosteronwert seiner Klienten erhöhen will und sie als „Herzenskrieger“ bezeichnet, hat einen fast schon esoterisch anmutenden beruflichen Hintergrund. Er ist Coach, Kommunikationstrainer und hat Aus- und Fortbildungen in Bioenergetik, Gestalttherapie, Neurolinguistischer Programmierung, Atemtherapie, Tantra, Zen, Trance-Techniken, Buddhismus, schamanischen Retreats etc. Außerdem ist er lizenzierter Ausbilder in Suggestopädie, was immer das auch ist.

Kann eine solche Vita einen echten Kerl überzeugen? Oder ist das nicht nur weibliches Wischiwaschi, das Leimbach doch selbst kritisiert? Wie dem auch sei, es lohnt sich auf jeden Fall, sich ein bißchen intensiver mit den Thesen zu befassen, die solche „Männer-Trainer“ vertreten. Männer, glauben sie, haben ihr Herz an die Frauen verloren: an die Mutter, die Kindergärtnerin, die Freundin, die Ehefrau und so weiter.

Als „netter Mann“ bemühen sich immer mehr Männer um die Gunst einer Frau. Dabei machen sie sich emotional abhängig, werden zu Schoßhündchen und geben ihre eigene Männlichkeit auf. Die Frauen sind hingegen auf dem Weg der „Vermännlichung“. Viele Angehörige des schönen Geschlechts werden immer unabhängiger und selbstbewußter.

Sie zeigen die Charaktereigenschaften, die eigentlich als typisch männlich gelten: Sie sind erfolgsorientiert, diszipliniert, willensstark und zielstrebig. „Klassische Machos, Tonangeber und Stehend-Pinkler sind out, und in den letzten 30 Jahren wurde Männern dies beigebracht“, sagt Bjørn Leimbach. Er bestätigt damit die schriftstellerische Provokation Michael Klonovskys, der dem angeblich starken Geschlecht 2011 in seinem Buch „Der Held. Ein Nachruf“ hinterherwinkte. Dessen These: Im postheroischen Zeitalter ist der einstige Jäger, Sammler und Verführer zum Selbsterfahrungskrüppel mutiert. Er wagt und riskiert nichts mehr, sondern bevölkert Spielplätze, liest Ratgeber und geht in Elternzeit.

Mit therapeutischen Weichspülprogrammen ist diesen Männern nicht zu helfen. Doch augenscheinlich möchten sich viele verunsicherte Männer helfen lassen und bezahlen viel Geld für Männlichkeitsseminare. Schließlich wollen sie nicht von Frauen dominiert werden. Denn diese mögen zwar vielleicht nette Männer als platonischen Freund oder Gesprächspartner. Doch in der Partnerschaft soll es dann doch ein richtiger Mann sein, kein kleiner Junge, der eigentlich eine Mutti braucht.

Wie aus einem Jungen ein Mann wird, könne man nur von Männern lernen, niemals von Frauen, so das Credo der Männlichkeitslehrer. Dabei liegt der Großteil der Erziehung in den Händen von Frauen. Der allgegenwärtige Kita-Wahn dürfte diese Tendenz in Zukunft noch verstärken.

Super-Nanny Ursula von der Leyen wird es ganz recht sein, daß so den Männern ihre Aggressivität, ihre Kraft und männliche Sexualität abtrainiert wird, indem schon kleine Jungs von den Wortführerinnen der Gender-Bewegung domestiziert werden.

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