© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Haltungsnote
„Auf Kamelen durch Berlin“
Christian Schwiesselmann

Links und reich“ ist er. Das sei allemal besser als „links und arm“. Der Münchner Kaberettist Andreas Rebers hat das Geschäftsmodell seiner Zunft längst durchschaut. Anders als Dieter Hildebrandt, dessen Pointen vielleicht unter Adenauer noch zündeten, weiß er, daß der Wind längst aus einer anderen Richtung bläst und gutes Kabarett heute die Heile-Welt-Visionen des grünen Milieus erden muß.

Mit seinem Chanson „Wir reiten auf Kamelen durch Berlin“ gelingt dem ehemaligen musikalischen Leiter des Staatstheaters Braunschweig ein satirisches Generationenporträt: „Man wohnt im renovierten Altbau, und alle sparen Energie, dann radeln sie zum Italiener und schimpfen auf die Industrie“.

Wo Nachwuchstalente wie Bodo Wartke brav auf den Evangelischen Kirchentagen klimpern, lästert der studierte Akkordeonist über Kinderyoga, Ikea-Regale, Sojabratlinge, schwache Väter, Obama- und Dalai-Lama-Fans, grüne Bundespräsidenten und die wohlfeile Sarrazin-Kritik. Im Kehrreim verhöhnt der 1958 geborene Rebers die Vegetarier und Volvo-Fahrer: „Klischees von heute war’n früher Utopien – wir reiten auf Kamelen durch Berlin.“

Daß die Spitzen des stets gescheitelten Künstlers gegen jammernde Alleinerziehende – „Ben Cartwright war auch alleinerziehend, der hatte noch die ganze Ponderosa am Hacken und einen illegalen Chinesen beschäftigt“ – im aktuellen Programm „Ich regel das“ als „bitterböse Wahrheiten“ (Der Westen) verstanden werden, sagt viel über die deutschen Zustände. Zumeist mit Trainingsjacke bekleidet, setzt Rebers einen Kontrapunkt zu versnobten Biomarktkunden im Designeranzug; sein Witz lebt von ironischen Brechungen und geistigen Seitenwechseln. Das sollte den früheren Kollegen aus der Münchner Lach- und Schießgesellschaft zu denken geben.

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