© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Angst vor dem Unbekannten
Phantastik: Vor 75 Jahren starb H.P Lovecraft
Andreas Ferber

So wie die dem Geist Howard Phillips Lovecrafts, Schöpfer des subtilen Horrors und Literatur-Ahn heute gefeierter Autoren, entsprungenen Horrorwesen in Millionen Köpfe drangen und seine geschaffene Welt sich vom erfundenen Buch „Necronomicon“ in die Tiefen des Meeres und die Weiten des Alls ausbreitete, so fraß sich der Tod in seinen eigenen Körper. Am 15. März 1937 erlag er dem nur zwei Wochen zuvor festgestellten Dickdarmkrebs. Die Popwelt inspiriert er jedoch bis heute.

Der Mann, der als Kind nachts allein durch die Straßen seiner Geburtsstadt Providence, Rhode Island streifte und von anderen Kindern gehänselt wurde, eignete sich sein Wissen in der Bibliothek seines Großvaters selbst an. Die Schule besuchte er aufgrund seines kränkelnden Zustandes nur selten. Sein Großvater war es auch, der ihn zum Schreiben ermutigte. „Diesem Mann, dem es nicht gelungen ist zu leben, ist es schließlich gelungen zu schreiben“, bescheinigte Michel Houellebecq in seiner Lovecraft-Biographie „Gegen die Welt, gegen das Leben.“

Der Legende nach muß eine Platte voll verdorbener Meeresfrüchte dafür gesorgt haben, daß Lovecrafts Ungeheuer in Verbindung mit dem Meer stehen. „Von frühester Jugend an war mir jede Form von Fisch, Weich- oder Krustentieren ein Brechmittel“, schrieb Lovecraft in einem seiner Briefe. Wesen mit Tentakeln, Schuppen oder Seesternen lehrten seine Leser das Fürchten. „Das älteste und stärkste Gefühl ist Angst, die älteste und stärkste Form der Angst, ist die Angst vor dem Unbekannten,“ erklärte Lovecraft. So tritt seine wohl bekannteste Schöpfung, Cthulhu, auch nie wirklich in Erscheinung,  schlummert sie doch in der versunkenen Stadt R’lyeh, bis die Sterne günstig stehen. Die Gottheit vereint Tintenfisch und Drachen in einer menschlichen Gestalt.

Adaptionen finden sich heute nicht nur in Captain Davy Jones in den „Fluch der Karibik“-Filmen, sondern auch musikalisch bei Metallicas „The call of ktulu“ wieder. Ebenso kommen Anspielungen auf Lovecrafts Kosmos immer wieder in Zeichentrickserien, Science-fiction- und Horrorfilmen vor.

Vor achtzig Jahren erschuf Lovecraft „Berge des Wahnsinns“ am Südpol und knüpfte damit am einzigen Roman seines großen Idols Edgar Allan Poe, „Die Abenteuer des Arthur Gordon Pym“, an. Wo heute tatsächlich russische Experten hoffen, neue Lebensformen zu entdecken, indem sie den über fünfzehn Millionen Jahre von der Außenwelt isolierten Wostoksee in der Antarktis anbohren, fand Lovecrafts literarische Expedition bereits 1936 eine Welt vor, die deren Protagonisten an den Rand des Wahnsinns trieb. Die Geschichte sollte dieses Jahr von Guillermo del Toro und James Cameron verfilmt werden. Universal legte das 150 Millionen teure Projekt jedoch vorerst auf Eis.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen