© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Karsai fordert früheren Abzug westlicher Truppen
Alles umsonst
Günther Deschner

Es mußte erst ein Jahrzehnt westlichen Engagements mit einem Aufwand im Multimilliardenbereich verstreichen, bis es auf einmal gar nicht schnell genug mit dem geplanten Abzug aus Afghanistan gehen kann. Grund sind politische Zwänge in Washington und London und die jüngsten Äußerungen des afghanischen Präsidenten Karsai. Der steht unter dem wachsenden Druck der Taliban und anderer Gruppen der eigenen Bevölkerung, deren Wut nach den Koranverbrennungen am US-Stützpunkt Bagram und dem Amoklauf eines US-Soldaten zu explodieren droht. Die hastige Rückzugsdiskussion ist das Eingeständnis, daß die Taliban letztlich gesiegt haben, daß große Teile des afghanischen Volkes den Islamisten mehr vertrauen als Amerikanern oder Europäern. Sie werden nun von ihrem Fehl- und Vorurteil eingeholt, die Taliban, die keine internationale Terrororganisation sind, zu lange mit al-Qaida gleichgesetzt und so ihre rechtzeitige Einbindung in eine politische Lösung verhindert zu haben.

Der Westen ist in hohem Maße selbst verantwortlich für sein Scheitern. Seine von Anfang an verkorkste Afghanistan-„Mission“ wird in einem völligen Debakel enden. Je früher nun der Abzug der Interventionstruppen beginnt, desto besser. Für die nach Afghanistan entsandten Soldaten und deren Angehörige aber bleibt das bittere Fazit: Sie haben umsonst getötet und sind vergeblich gestorben.

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