© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Lockerungsübungen
Subventionierte Scheinwelt
Karl Heinzen

Solid“, die Nachwuchsorganisation der Linkspartei, liegt im Rechtsstreit mit dem Bundesfamilienministerium, weil dieses ihm Zuschüsse aus dem Kinder- und Jugendplan verweigert. Die Gruppierung sei, so die Beurteilung der Regierung, nicht förderungswürdig, weil sie extremistische Positionen vertrete. „Solid“ hingegen moniert eine Ungleichbehandlung gegenüber den Jugendbespaßungsvereinigungen der anderen relevanten Parteien, die mit jährlichen Zuwendungen zwischen 100.000 (FDP und Grüne) und 300.000 Euro (SPD und CDU/CSU) bedacht würden. Erstinstanzlich hat sich das Berliner Verwaltungsgericht 2009 dieser Auffassung angeschlossen. Im Berufungsverfahren bekräftigte nun auch das Oberverwaltungsgericht, daß eine Diskriminierung von „Solid“ unzulässig sei. Allerdings entbehre die öffentliche Förderung von Jugendverbänden der Parteien insgesamt einer gesetzlichen Grundlage und müsse daher als rechtswidrig angesehen werden.

Nach dem Klientelprinzip wird eine Minderheit von Vereinsfunktionären begünstigt.

Es ist zu erwarten, daß die Bundesregierung auf das Urteil eine formaljuristische Antwort findet und lediglich die rechtliche Lücke zur Fortsetzung der bisherigen Förderpraxis schließt. Damit bliebe jedoch die Chance ungenutzt, eine auf allen Ebenen unseres föderalen Gemeinwesen längst überfällige Reform der direkten und indirekten Subventionierung von Parteien, Vereinen, Verbänden Stiftungen und dergleichen mehr wenigstens in einem ersten Schritt in Angriff zu nehmen.

Parteien und ihre in der Meinungsbildung der heranwachsenden Generationen längst unbedeutend gewordenen Jugendverbände sind hier nur die Spitze eines Eisberges. Unser Staat gönnt sich den Luxus, alle möglichen als „gemeinnützig“ deklarierten Gesinnungsgemeinschaften, Neigungsgruppen und Hobbyvereine mit Milliardenbeträgen zu unterstützen. Damit wird nach dem archaischen Klientelprinzip eine Minderheit von Vereinsfunktionären begünstigt, die sich anmaßt, Nützliches zu leisten und Vorbild für alle zu sein. Die Mehrheit der Bevölkerung, die an dieser Art von organisierter Freizeit kein Interesse hat, muß mit ansehen, wie mit ihren Steuermitteln eine Scheinwelt politischer, kultureller und gesellschaftlicher Vielfalt subventioniert wird. Ihr gilt es eine Stimme zu verleihen: Wer sich zu seinem Privatvergnügen engagiert, sollte dies auch privat finanzieren und nicht die Hand aufhalten.

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