© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Radikale Maßnahmen
Friedrich-Ebert-Stiftung debattiert darüber, warum die Medien noch stärker „gegendert“ werden müssen
Lion Edler

Die Friedrich-Ebert-Stiftung gilt nicht als subversiv. Doch wenn es um die „Macht medialer Geschlechterbilder“ geht, mit der sich eine Tagung der Stiftung jüngst beschäftigte, dann sind aus der Sicht vieler Tagungsteilnehmer radikale Maßnahmen nötig. Ein „Workshop“ der überwiegend von jungen Frauen besuchten Tagung widmete sich daher dem „Beitrag der Medien zur Subversion“.

Denn das Patriarchat sitzt weiter fest im Sattel, wie der ehemalige taz- und Spiegel-Journalist Tom Schimmeck am Beispiel der Berichterstattung über die SPD-Politikerin Andrea Ypsilanti erkannt zu haben meint. Deren Darstellung in den Medien im Jahr 2008 zeige, so Schimmeck, „wie Medien funktionieren, wenn eine Frau überraschenden politischen Erfolg hat“. Ypsilanti sei als „durchtriebene Idiotin“ und „verblendete Irre“ dargestellt worden, und zwar mit einer Einstimmigkeit, wie man sie „seit 1945 nicht mehr erlebt“ habe.

Selbst drei ehemalige taz-Redakteure seien an der „Abstempelung und Psychiatrisierung“ von Ypsilanti beteiligt gewesen, so Schimmeck weiter. Ob und wieweit für die schlechte Presse Ypsilantis ihre bemerkenswerten moralischen Doppelstandards und die gebrochenen Wahlversprechen verantwortlich waren, wurde nicht näher erörtert.

Dafür rechnete Schimmeck noch mit anderen Geschlechterbildern der Medien ab. So gebe es eine „irrationale Vergötterung“ von charismatischen Politikern, oft gar Sehnsucht „nach dem starken Führer“. Seinen früheren Arbeitgeber, den Spiegel, nennt Schimmeck denn auch immer wieder die „Spiegel-Burschenschaft“. Wie gut, daß er mit Chris Köver eine Unterstützerin hat, die mit dem von ihr herausgegebenen Missy Magazin dem Sexismus Beine macht. Das Pop- und Politikmagazin orientiert sich bei der Darstellung der Künstler „nicht nach heteronormativen Kriterien wie Attraktivität“, sagte Köver. Schließlich sei Geschlecht bekanntlich nichts Angeborenes, sondern etwas, „das erst hergestellt werden muß“.

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