© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Alldeutsche Akademiker: Reiz aufs Bildungsbürgertum
Ideologie der Überparteilichkeit
(dg)

Über den 1890 gegründeten, 1939 per Gestapo-Verfügung verbotenen „Alldeutschen Verband“ (AV) legte der Hamburger Historiker Rainer Hering 2003 eine „abschließend“ wirkende Monographie vor (JF 50/04). Doch auch heute, inzwischen Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, treibt Hering der volkspädagogisch vielfach ausbeutbare nationalistische Agitationsverband um. In einer ausführlichen Studie widmet er sich daher den zahlreichen Akademikern im AV, welcher Anfang der zwanziger Jahre mit über 50.000 Mitgliedern seinen größten Zulauf hatte, und versucht die Attraktivität alldeutscher Ideen gerade für diese bildungsbürgerliche Klientel zu ergründen. Größte Anziehungskraft habe wohl, neben dem noch in der konservativen „Abendland-Ideologie“ der 1950er virulenten Elite-Gedanken, die Vorstellung der „Überparteilichkeit“ ausgeübt (Auskunft. Zeitschrift für Bibliothek, Archiv und Information in Norddeutschland, 2-2011). Als eigentlich ursächlich für die große AV-Resonanz präsentiert Hering jedoch wieder seine alte, ahistorisch-verfehlte These, wonach das Engagement im Verband den nach 1870 allmählich geschwundenen politischen Einfluß weiter Teile des Bildungsbürgertums „kompensiert“ und somit die „Identität vieler verunsicherter Individuen“ gestärkt habe. (dg) www.bautz.de

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